8. September (Tag 75)

Katy Trail: Boonville, MO - Jefferson City, MO

Tages-Km: 81
Gesamt-Km: 3.911
Höhenmeter: 138
Zeit im Sattel: 4:29
Wetter: Sonnig, später bewölkt
Temperatur: 17 - 24° C


Halbe Sachen...
mag ich eigentlich gar nicht. Aber heute musste ich nachgegeben und mir in Jefferson City ein Zimmer genommen. Eigentlich wollte ich bis "Hermann", aber die Ausläufer irgendeines tropischen Sturmtiefs haben mich ausgebremst. Und jetzt der Reihe nach:

Seit heute morgen verläuft der Katy Trail entlang des Missouri River.


Mit 4.130 Kilometern Länge ist der Missouri River länger als der Fluss, in den er fließt: der Mississippi River. Wer "Missouri River" sagt, der muss auch Lewis & Clark erwähnen, die zwei berühmtesten Reiseleiter Amerikas.


Quelle: Wikipedia

Kein geringerer als Präsident Thomas Jefferson schwatzte im Jahre 1803 dem US-Kongress satte 2.500 Dollar ab, um eine Expedition zu finanzieren: Eines der Hauptziele der Expedition war die Suche nach einem Wasserweg zum Pazifik. Jefferson ernannte seinen ehemaliger Privatsekretär Captain Meriwether Lewis zum obersten Reiseleiter und dieser wiederum holte Leutnant William Clark als gleichberechtigten Partner an Bord. Das Basislager der Expedition war dort, wo ich in ein paar Tagen vorbei radeln werde: an der Mündung des Missouri River in den Mississippi River, etwa 40 Kilometer nördlich von St. Louis.


Am 14. Mai 1804 begann die berühmteste Expedition der amerikanischen Geschichte. Die Sache mit dem Wasserweg zum Pazifik platze allerdings spätestens im Sommer 1805 wie eine Seifenblase, als die Expedition am Fuße der "Great Falls" in Montana angelangt war und hinauf zu den gewaltigen Wasserfällen des Missouri River guckte. Die Expedition wurde fortgesetzt, aber nun kamen die Rocky Mountains. Alles war kälter, höher und schwieriger als vermutet und die Gruppe überlebte die Überquerung mit Ach und Krach und unter vielen Entbehrungen. Als Radl-Be und ich am 25. Juli 2010 als "Schwarze Reiter" den Chief Joseph Pass hinauf schwebten... räusper... (siehe Blogeintrag vom selben Datum), fuhren wir mit unseren Rädern denselben Weg hinauf, den sich die Expeditionsgruppe seinerzeit hinunter geschleppt und damit in Sicherheit gebracht hatte.

Von nun an ging es ohne große Probleme weiter westwärts und am 7. November 1805 erreichte die Expedition schließlich die Pazifikküste. Das mit dem Wasserweg war zwar Pustekuchen, aber ansonsten wertete man die Expedition als großen Erfolg und Lewis & Clark wurden schnell zu lebenden Legenden.

Zurück zum Ausgangspunkt der Expedition, dem Missouri River, genauer gesagt dem Katy Trail, den ich heute wieder mit großer Freude entlang geradelt bin. Nahe der Stadt Rocheport ragen die "Bluffs" senkrecht in den Himmel, während ein paar Meter daneben der Missouri River träge dahinfließt.


Immer wieder geht es über Brücken, die größtenteils zwischen 115 und 120 Jahre alt sind. Kein Grund zur Beunruhigung - bis 1986 sind noch Güterzüge hier gefahren, da werden die Brücken ein Leichtgewicht wie mich doch ertragen.


Ach ja, bevor ich es vergesse. Wieder ein Bild, das Joes Theorie bestätigen wird, dass mir ständig etwas im Zusammenhang mit Toiletten passiert. Als erfahrener Kommunikationstrainer predige ich ja immer und überall: "Mehr vom Selben bringt nix". Der Verfasser der folgenden Hinweise ist eindeutig anderer Meinung:


Schade, dass das Wetter nun derart wilde Kapriolen schlägt und ich mich mindestens einen, vermutlich zwei Tage in Jefferson City wasserdicht verschanzen muss. Darf ich vorstellen: MEIN ZIMMER... ta-ra...


Gleich morgen kaufe ich mir die "Gesammelten Werke" von Margaret Mitchell und lerne in eben diesem Bett "Vom Winde verweht" auswendig.

Was noch fehlt, ist die Erklärung, wie ich zu diesem Zimmer komme. "Wieso Erklärung?" mag sich der geneigte Leser fragen. "Da radelt man halt hin. Was sonst?" Nun ja, sooooo einfach ist das auch wieder nicht. Erst ein Bild...



... dann die Erkärung. Die rote Linie ist der Katy Trail, der rote Kringel das "Bed & Breakfast", in dem ich Unterschlupf vor dem Unwetter gesucht habe. Der Radweg, der "eigentlich" über die Brücke führt, ist zur Zeit gesperrt. Das war vor vielen Monden. Seither stehen zwar schweres Gerät und Farbeimer herum, aber Arbeiter hat man noch keine erblickt. Auf der Straße selbst dürfen Radler natürlich nicht fahren. Eine Lösung, wie sie eine deutsche Behörde nicht intelligenter aushecken könnte. Weil so manches B&B sowie Motels/Hotels von den Katy Trail Radlern ganz gut leben, haben viele einen "Shuttle Service" eingerichtet. Man ruft vom "Katy Trail-Bahnhof Jefferson City" aus an und lässt sich abholen.

Morgen werde ich zu 95% am Computer sitzen und mal wieder arbeiten. Die anderen 5% verbringe ich damit, durch die Innenstadt von Jefferson City zu schwimmen.

Till Senn

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Fußballerspruch

"Zwei Chancen, ein Tor - das nenne ich hundertprozentige Chancenauswertung."
Roland Wohlfahrt

2 Kommentare:

  1. Hi Herm,
    nach meiner Auszeit am Mont Blanc und dem Nach-Lesen Deiner zwischenzeitlichen Erlebnisse stell ich fest: Du wirst immer besser. ECHT! SUUUPER!!!

    Ich freue mich auf die Fortsetzung ...

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  2. Fußballerspruch aus meiner eigenen Laufbahn:
    Im immer heißen Gemeindederby Fürstenstein gegen Oberpolling sollte ein Oberpollinger Spieler (in durchaus bereits aufgeheizter Atmosphäre) nach grobem Foul die gelbe Karte bekommen.
    Schiri: "Name?"
    Spieler: "Himpsl, römisch-katholisch."
    -> direkte Rote Karte

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