06. September (Tag 73)

Katy Trail: Clinton, MO - Sedalia, MO

Tages-Km: 63
Gesamt-Km: 3.764
Höhenmeter: 390
Zeit im Sattel: 3:55
Wetter: Sonnig
Temperatur: 17 - 25° C


Ich tippe diesen Blogeintrag im "Pizza Hut" in Sedalia, Missouri. Pizza Hut ist mittlerweile Nr. 1 auf meiner Wunschliste. Dort gibt es - klar Pizza, aber was will ich mit Pizza - also: hier gibt es NUDELN, und zwar als halbe Portion, was nach deutschen Maßstäben einer doppelten Portion zum halben Preis entspricht (umgerechnet 5 Euro). Außerdem gibt's ein sehr ordentliches Salatbuffet "2 Euro all you can eat". Und es gibt Bier. YEAH!

Katy Trail


Die Abkürzung MKT (siehe Lokomotive im Hintergrund) steht für "Missouri, Kansas & Texas Railroad". Amerikaner lieben ja Abkürzungen und kürzen Abkürzungen gerne noch ein wenig ab. In diesem Fall hat man das "M" gestrichen und nur noch "Kansas to Texas" übrig gelassen, genauer gesagt nur noch die Buchstaben "K" und "T". Englisch ausgesprochen hört sich "K" "T" an wie "Katy" und schon hatte man einen Spitznamen für die "Missouri, Kansas & Texas Railroad" geschaffen.

Sieht man sich die Geschichte der Eisenbahn in den USA ein wenig genauer an, dann möchte man kaum glauben, wie wichtig die Eisenbahn einmal war. Das Schienennetz war gewaltig und durchzog das Land wie Adern einen Körper. Heute? Mit wenigen Ausnahmen k eine Spur mehr von Passagierzügen, dafür umso mehr Highways und Interstates. Abgesehen von AMRTRAK gibt es keinen öffentlichen Fernverkehr und abgesehen von Metropolen keinen öffentlichen Nahverkehr. Die Straße die Schiene verdrängt. Katy ereilte das Aus (Passagierzüge) im Jahre 1958.


Der Frachtverkehr lief noch eine Weile lang, aber in den 80er Jahren war auch damit Schluss.
Im Rahmen des Programms "Rails-to-Trails" hat man 370 Kilometer der ehemaligen Eisenbahntrasse zu einem Rad- und Wanderweg umfunktioniert. Von Clinton bis kurz vor St. Louis werde ich in den nächsten 4 - 6 Tagen dem Katy Trail folgen und jeden der 370 Kilometer zelebrieren. Die Leute haben keine halben Sachen gemacht und nicht nur einen Rad- und Wanderweg sondern gleich einen "Katy Trail State Park" dazu geschaffen. Liebevoll und mit viel Gefühl für Ästhetik und Pragmatismus hat man die ehemaligen Bahnhöfe völlig neu gestaltet und mit vielen Informationstafeln versehen, die neben praktischen Hinweisen auch eine Menge über die Geschichte des Katy Trails im allgemeinen und der jeweiligen Dörfer im Speziellen erzählen:

Beispiel 1: Erste Teilstrecke von Clinton bis Calhoun

Beispiel 2: Der "Bahnhof" in Windsor

Beispiel 3: Informationstafel (in Windsor)

Die Bahn als Retter der Prärie
Früher, gaaaaanz früher, war die Prärie viel größer als heute. Dann kamen die Siedler aus Europa und die Prärie hat sich zurückgezogen. Landwirtschaft und speziell der Anbau von Bäumen und Sträuchern sind Dinge, die eine Prärie überhaupt nicht mag. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Prärie aus diesem Teil Missouris verschwunden. Ausnahme: die Eisenbahnlinien. Die eigentlichen Trassen waren zwar schmal, aber das Wegerecht betrug im Normalfall etwa 30 Meter. Der daraus resultierende 12-Meter breite Streifen links und rechts der Trasse war für die Farmer tabu - und zack: kehrte die Prärie wieder wieder zurück, als 30 Meter breiter Streifen. Und genau durch diesen Prärie-Korridor bin ich heute geradelt.

Osage Plains zwischen Clinton und Sedalia

In Sedalia habe ich mein Zelt auf dem "City Fairground" aufgeschlagen. So wie es aussieht, brauche ich nichts zu bezahlen. Jedenfalls konnte ich niemand finden, der Geld will. Duschen und Toiletten sind in Hülle und Fülle vorhanden, wenngleich es für den Europäer doch ziemlich befremdlich ist, dass man ausgerechnet im prüden Amerika an Klotüren spart:


Fazit: Der Katy Trail beginnt so, wie ich mir den Kettle Valley Trail zu Beginn der Tour in Kanada erhofft hatte: ein Traum. (Radl-Be, es ist einfach zu schade.) Wenn es so bleibt, wird jeder Tag ein Genuß; und selbst wenn es schlechter wird, ist es immer noch gut. Sollte es dagegen NOCH schöner werden... Aber nein, ich will Mr. Murphy nicht unnötig provozieren und stelle mich auf Gegenwind, Regen, Schnee, Hagel, Tornados und Sintfluten ein.

Till Senn

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Fußballerspruch:
Zu 50 Prozent stehen wir im Viertelfinale, aber die halbe Miete ist das noch lange nicht!
(Rudi Völler)

1 Kommentar:

  1. hiHermann

    nun allein auf 3 Reifen unterwegs.

    Das mit den Toiletten verfolgt uns / Dich...
    Hast Du die eine oder die andere ausprobiert...
    Vielleicht gibt es ein ungeschriebenes Gesetz...
    der erste geht auf die ganz entfernte ToiToi...
    er stellt ein Bein leicht nach vorne, und signalisiert damit den Nächsten der erste Platz ist besetzt, nimm neben mir Platz...
    Doch ist das gemeinsame Sitzen auf dem Donnerbalken, um ein 'GESCHÄFT' zu machen auch im nördl. Europe - so hat man's mir erzählt - noch verbreitet, jedoch ist die Ausleuchtung deutlich geringer, und man erlebt erst wenn man einige Zeit auf dem doch nicht so stillen Örtchen verbracht hat, das Auge sich Katzengleich an die Dunkelheit gewöhnt hat, dass man nich ganz alleine ist;
    jedoch getrennt nach MEN WOMEN so gehört aus SVERIGE

    Hau Rein
    ein zwei Bier und dann wieder die Kette glühn lassen

    Liebe Grüße

    JoeB

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