26. Oktober (Tag 123)

Florida Keys: Key Colony Beach – Key West

Tages-Km: 101
Gesamt-Km: 7.468
Zeit im Sattel: 5:27
Wetter: Bewölkt bis heiter
Temperatur: 23 – 32°C


Der alte Mann und das Meer

122 Tage habe ich es im Gepäck mitgeschleppt. Heute kam der die Stunde des TRANSAMERICA-Trikots.


In der Nacht tobte sich wieder eines dieser tropischen Unwetter aus. Heute Morgen, am Morgen der letzten Etappe dieser langen Reise sah noch gar nicht gut aus. Die Straßen standen unter Wasser und dicke und dunkle Wolken hingen bedrohlich tief.

Wer wagt, gewinnt. Also bin ich wie geplant um 8:00 Uhr aufgebrochen. Gleich zu Beginn stand die „7-Mile-Bridge“ an, die längste Brücke des Overseas Highway. Sie verbindet die Inseln „Vaca Key“ und „Bahia Honda“. Wie der Name sagt, eine 7 Meilen (11 Kilometer) lange Brücke. 500 Meter VOR der Brücke stand ich plötzlich vor diesem Schild:


Im ersten Moment dachte ich „Das kann nicht wahr sein, das DARF nicht wahr sein!“ Aber schon im nächsten Augenblick setzte sich des Radlhanses Mantra durch: „Never surrender! Egal, was jetzt kommt, ich fahre über diese Brücke. Und wenn am Ende ein 7 Kilometer langer Stau von Autos hinter mir herzuckelt. Ich fahre über diese Brücke.“ Die Baustelle endete glücklicherweise exakt am Beginn der Brücke. Du meine Güte! Was müssen die mich so kurz vor Schluss so erschrecken. Wer auch immer „die“ sind,  „sie“ haben mich jedenfalls erschrocken. Das sind weltweit immer dieselben „die“. Wie oft sagen wir: „Wos baun’s denn do scho wieder?“ oder „Jetzt ham’s des scho wieder aufgrissen.“

So sah das zu Beginn aus: Rechts die alte (Eisenbahn- und später dann alte Autobrücke), links die neue Brücke des Overseas Highway, auf der ich 11 Kilometer übers Wasser gefahren bin. Hey! Ich kann über das Wasser RADELN! Acht Semester Theologie haben sich also doch gelohnt.



Von Kilometer 9 an bis zum Ende der Brücke hat mich ein Pelikan begleitet.


Der neugierige Vogel segelte teilweise in zwei Meter Entfernung neben mir her. Hat wohl noch nie einen radelnden Bayern im Transamerica-Trikot gesehen. Oder er hat mich trotz der elf abgenommenen Kilos für einen dicken Fisch mit einem Fahrrad gehalten. Oder er war einfach freundlich, als er gemerkt hat, dass ich allein unterwegs bin und eigentlich gar nicht in Key West ankommen mag, weil dann diese unglaubliche Reise zu Ende sein würde. Wie dem auch sei, er war mir ein treuer Begleiter auf den letzten beiden Brückenkilometern. Die Segelkunst hat mich fasziniert. Der dicke Brummer hat die Flügel kaum bewegt, während ich gar nicht mehr dicker Brummer gestrampelt habe wie ein Weltmeister; aber ich klebte am Boden, während er in der Luft schwebte wie eine Feder. Vermutlich war es gar kein Pelikan sondern ein Kolibri, der sich zu Halloween ein Pelikankostüm ausgeliehen hat und jetzt mächtig damit angibt, dass er segeln kann, ohne die Flügel zu bewegen. Könnte ich auch, wenn ich ein Kolibri in einem Pelikankostüm wäre. Pah!

Noch etwas aus dem Tierleben. In den Mangrovensümpfen der Florida Keys leben wilde Leguane. Was bin ich erschrocken, als wenige Meter vor mir plötzlich drei dieser bis zu 1,50 Meter langen Echsen scheinbar aus dem Nichts materialisierten und mit beachtlicher Geschwindigkeit im dichten Unterholz des Sumpfes verschwanden. Leguane sitzen offenbar gerne in Tarnkleidung am Straßenrand und erschrecken Radfahrer; ich bin mindestens an 50 vorbeigeradelt heute. Man sieht diese Viecher allerdings nicht, da sie sich perfekt dem Gelände anpassen; erst wenn sie sich bewegen, nimmt man sie wahr. Weil sie entweder schlecht hören, ohne Brille unterwegs sind oder gut schlafen, bewegten sie sich ziemlich spät; meistens erst dann, wenn ich fast schon auf gleicher Höhe war. Dann allerdings sind sie wie der Blitz unterwegs und waren verschwunden, bevor ich das Wort „Foto“ auch nur denken konnte. Lediglich eine einzige Echse konnte ich fotografieren – weil sie nicht mehr fortlaufen konnte:


Der Radweg entlang der Florida Keys ist erstaunlich gut ausgebaut. Viele der alten und parallel zum Highway verlaufenden Eisenbahnbrücken wurden (und werden) zu Radlerbrücken umgebaut.


Ich kann die zwei- bis dreitägige Fahrt (es sind 180 Kilometer) von Key Largo bis Key West jedem ans Herz legen, der gerne einmal Anfang Dezember oder im Januar/Februar in kurzer Hose und T-Shirt eine unvergessliche Radtour durch die Florida Keys unternehmen möchte. Am Flughafen in Key West für 40 Dollar ein Auto mieten und zurück nach Key Largo fahren. In Florida verlangen die Autovermieter keine „Drop Fee“ für „one-way“-Mieten. Billiger geht’s nicht. Zwischendrin nicht vergessen, das Rad immer mal wieder kurz an eine Palme zu lehnen und ins Meer zu hüpfen, ja?

Bei Mile Marker 24 bin ich im Gedenken an den Radlhans zur „Sugarloaf Food Company“ abgebogen…


… und habe für 10 irdische Dollar zwei göttliche Stück „Key Lime Cheese Cake“ … hm… verkostet.


Na ja, wer mich kennt, der weiß, dass „verschlungen“ die treffendere Bezeichnung ist. Die Teile hatten das spezifische Gewicht von Blei, schmeckten aber natürlich viel besser! Dennoch: EIN Stück hätte gereicht. Hätte, wäre, wenn. Klar, dass mir danach für zwei Stunden schlecht war. Außerdem habe ich es geschafft, bei einer Nahaufnahme das Objektiv in den Kuchen zu pressen. Der Kuchen hat danach lustig ausgesehen, das Objektiv nicht. War DAS ein Gezupple, bis ich es wieder sauber, trocken und einsatzbereit hatte. Muss ich erwähnen, dass ich während der ganzen Zeit ruhig und gelassen blieb?

Auf den letzten dreißig Kilometern hatte ich nicht nur einen Gabelstapler im Magen, sondern auch mächtig mit den Temperaturen zu kämpfen. Ich weiß, dass ihr das in Deutschland schwer nachvollziehen könnt und Mitleid das LETZTE ist, war ich dafür ernten werde, aber es WAR ZU HEISS für mich! Dazu kommt ja in diesem tropischen Klima noch die enorme Luftfeuchtigkeit. Mein Kühlsystem kam einfach nicht mehr nach, aber ich wollte so kurz vor Schluss keine Pause mehr einlegen und habe mich der alten Dummheit besonnen, dass mehr Tempo logischerweise für mehr Kühlwind sorgt. Also habe ich – Gabelstapler hin oder her - das Gaspedal ein letztes Mal kräftig durchgedrückt und Key West schließlich im Trancezustand erreicht. Zack - war ich wieder hellwach. Nun ging es ein wenig um die Stadt herum, ein wenig mitten durch und auf einmal stand ich am südlichsten Punkt der USA.


Von hier bis Kuba ist es ungefähr so weit wie von Altötting bis Augsburg. Wobei ich im Augenblick lieber nach Kuba schwimmen als nach Augsburg fliegen möchte. Für dieses Ziel-Foto musste ich mich in eine laaaaaange Schlange einreihen und dann husch-husch fotografieren. Diese Luscher kommen hier scharenweise mit dem Auto an, steigen aus (manche kurbeln nur das Fenster runter und fotografieren im Vorbeifahren), lassen sich neben der Tonne ablichten, steigen wieder ein und fahren weg. JA DÜRFEN DIE DAS? Wegen des endlosen Andrangs an Luschern hatte ich leider keine Möglichkeit, ein wenig mit der Kamera zu experimentieren und verschiedene Bilder zu schießen. Schade, aber nicht zu ändern. Die erste, die mich dort gleich angepflaumt hat, weil ich ihr im Bild stand, war: eine DEUTSCHE. Darf ich bitte nach Kuba schwimmen?

So, nun bin ich also dort, wo es nicht mehr weiter geht. Und wie fühle ich mich jetzt? Was geht mir durch den Kopf? Die Antwort auf beide Fragen ist dieselbe: „Viel. Viel Widersprüchliches.“ Im Moment überwiegt Melancholie. Ich will NIE, dass meine langen Rad-Reisen enden. Je länger, desto schwieriger ist das Ende für mich. Diesmal war ich 123 Tage unterwegs, seit meiner ersten Reise im Jahr 2007 habe ich insgesamt 10 Monate in den USA zugebracht und dabei 16.788 Kilometer mit dem Rad zurückgelegt. Ich bin ein wenig zum Wanderer (Radler?) zwischen den Welten geworden.

Ich erlebe in manchen Wochen auf dem Rad mehr als andere in ihrem ganzen Leben. Mit dem Rad reisen ist intensiv. Klar, es gibt viele Routinen, aber niemals Alltag. Jeder Tag ist wie ein kleines ganzes Leben, von dem ich morgens nicht weiß, was es bringen und wie es enden wird (es sei denn, ich esse zwei Stücke Key Lime Cheese Cake zum Frühstück). Ich treffe jeden Tag neue Leute, rede, höre, sehe, lerne kennen, bin sprachlos. Dann die ständig wechselnde Landschaft: Kanada mit seinen Wäldern und Bergen und Seen und Flüssen, Montana mit Lamas statt Pferden und Mücken aus Hessen, das unendliche und menschenleere Wyoming, Colorado mit den gewaltigen Pässen der Rocky Mountains, gefolgt vom Kontrastprogramm „Kansas“ und seiner endlosen Prärie. Und weiter ging’s: Missouri und der traumhafte Katy Trail, ein wenig den Mississippi River Trail entlang, dann kam Kentucky und seine Killer-Hügel, Tennessee und ein Eckchen Mississippi mit dem Nachez Trace Parkway, Alabama (Bäh) und die Holzlaster (Doppel-Bäh). Dann schließlich der Golf von Mexiko. Ab dem Moment, an dem ich das Meer erreicht hatte, begann eine Reise innerhalb meiner Reise. Das Meer zieht mich nun mal magisch an. Glitzerwasser ist eine Droge für meine Augen und Balsam für meine Seele. In Florida durfte ich sogar 800 Kilometer lang die Atlantikküste entlang radeln. Absoluter (und völlig unerwarteter) Höhepunkt zum Schluss dann die Florida Keys. Es ist unvorstellbar, was man in vier Monaten auf dem Rad erleben kann.

Dazu passend mein Nr.1-Lieblings-Filmzitat. Es stammt aus "Blade Runner". Wer erinnert sich noch an Roys letzte Worte auf dem Dach des Hochhauses? Sie treffen jedenfalls mein Lebensgefühl zu 100%, wenngleich ich mir den letzten Satz gerne noch ein wenig aufsparen würde: 


"I've seen things you people wouldn't believe. Attack ships on fire off the shoulder of Orion. I've watched c-beams glitter in the dark near the Tannhäuser Gate. All those moments will be lost in time, like tears in rain. Time to die."

Nehmt die Melodramatik raus und es ist großartig. Apropos. Auch aus sportlicher Sicht ist die Bilanz hervorragend. Ich bin in der Form meines Lebens und kann im Augenblick mit all dem Gepäck 150 Kilometer mit kurzen Trink-/Esspausen problemlos durchradeln, ohne anschließend ins Koma zu fallen. Ich habe etwa 11 Kilo abgenommen und musste mir schon einen Gürtel kaufen. Fitness und Fettness werden sich aber leider schnell wieder einpendeln, fürchte ich. (Braucht jemand so um die Jahreswende vielleicht einen Gürtel? Eventuell im Tausch gegen eine Hose mit Elastikbund?)

Meine schwersten Verletzungen waren Mückenstiche. Ich habe ansonsten keinen Kratzer davongetragen, mein Rad keinen einzigen Platten erlitten (der Anhänger 7), ich bin nicht bestohlen worden und musste nicht ein einziges Mal Strafe wegen überhöhter Geschwindigkeit zahlen.

Apropos Zahlen:

  • Gesamtstrecke: 7.468 Kilometer (ca. Luftlinie München – Peking)
  • Zeit im Sattel: 434 Stunden, 25 Minuten
  • Höhenmeter: 37.527
  • Reisetage: 123 Tage
  • Davon Radeltage: 83
  • Davon (richtige) Regentage: 2 (unglaublich, nur ZWEI)
  • Krankheitstage: 6
  • Höchster Punkt der Reise: Hoosier Pass, Colorado: 3.517 Meter
  • Längste Etappe: 153 Kilometer
  • Kürzeste Etappe: 20 Kilometer
  • Niedrigste Temperatur: -2° C, Willow Creek Campground, Colorado
  • Höchste Temperatur: 37°C, mitten in der Prärie, Kansas


Tja, ich schätze, ich bin dann bald mal wieder da.


Hermann Plasa

ENDE
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Eine abschließende Bitte in eigener Sache an alle Blogleser:

Ich würde mich über einen abschließenden Kommentar oder ein paar Zeilen per E-Mail freuen, insbesondere von denjenigen, die diesen Blog über einen längeren Zeitraum hin oder sogar komplett mitverfolgt haben. Wie beim Mississippi River Trail werde ich auch für diese Reise den Blog zu einem Buch umarbeiten, das spätestens im Januar erscheinen soll. Falls ihr Anregungen dazu habt – ich bin ganz Ohr. Ansonsten interessiert mich: Was hat euch, die regelmäßigen Blog-Leser zu REGELMÄSSIGEN Lesern gemacht hat? Wovon hätte es mehr sein dürfen und wovon weniger? Was hätte vielleicht ein wenig anders sein sollen?
Wer ungern Kommentare öffentlich abgibt oder das technische Heckmeck des Blogs scheut, der möge mir ein Mail schreiben an: Hermann.Plasa@googlemail.com

25. Oktober (Tag 122)

Florida Keys: Key Largo – Key Colony Beach

Tages-Km: 86
Gesamt-Km: 7.367
Zeit im Sattel: 4:36
Wetter: Leicht bewölkt
Temperatur: 22 – 32°C


Schöne Überraschung
Ich bin begeistert! Pünktlich zum Ende des Frühstücks fielen die letzten Regentropfen. Zwanzig Minuten später waren nur noch ein paar Wölkchen übrig. Und von den heutigen 86 Tageskilometern durfte ich etwa 70 auf dem parallel zum Highway verlaufenden „Florida Keys Overseas Heritage Trail“ fahren, einem reinrassigen Radweg, der von Key Largo bis Key West führt und bis auf einige kleinere Abschnitte fertig gestellt bzw. befahrbar ist. Damit hat sich der „Overseas Highway“, die vermeintlich fahrradfeindlichste Strecke, als enorm fahrradfreundlich erwiesen.

Der Overseas Highway verbindet 40 Inseln der Florida Keys und endet in Key West bei „Mile Marker“ NULL. Mile Marker (MM) zeigen – logisch – in Abständen von einer Meile die Distanz nach Key West an. Kurz nach meinem Start heute Morgen kam ich am MM 99 vorbei (kleines grünes Schild unter dem großen grünen Schild). Der Countdown läuft.



HAV-Papstanwärter Radlhans hat ja in seinem Kommentar vom 20. Oktober verraten, dass es bei MM 24,1 in der Sugar Loaf Company erstklassigen Key Lime Pie gibt. YAM! Morgen werde ich in Sugar Loaf der Company einen Besuch abstatten.

Der Highway war übrigens nicht die erste durchgehende Verbindung der Florida Keys. Der Straße ging die Eisenbahn, die "Florida Overseas Railroad" voraus, die 1912 eröffnet wurde. Treibende Kraft war übrigens auch hier wieder Mr. Flagler, über den ich im Blogeintrag v. 20. Oktober schon ein wenig erzählt habe.

Der Florida Overseas Railroad war leider nur ein kurzes Leben vergönnt, das mit einem schrecklichen Tod abrupt endete. Am Sonntag, den 1. September 1935, einen Tag vor dem Labor-Day, einem der ganz großen Feiertage in den USA, erging eine Sturmwarnung für Miami und die Keys. Für die Bewohner der Keys mehr Routine denn Aufregung. An Evakuierung dachte erst einmal niemand. Stürme gehören auf den Keys nun mal zum Alltag. Es wurde vorgekocht, Wasservorräte aufgestockt, Kerzen bereitgestellt, Öllampen gefüllt und Boote in Sicherheit gebracht. Am Montag, Labor Day, war klar, dass der Hurrikan erstens stärker als angenommen war und zweitens die Keys mit unvorstellbarer Wucht treffen würde. Spät, zu spät für Hunderte von Menschen, schaltete man nun auf „Evakuierung“ um. Einzige Fluchtroute war die Eisenbahnlinie. Kein Problem, oder? Einsteigen, losfahren, ankommen, aussteigen, ausatmen. Oder?

Aus welchem Grund auch immer – es stand jedenfalls kein Zug bereit, der die Bewohner der Keys hätte in Sicherheit bringen können. So musste erst einer aus Miami einer angefordert werden, der sich zwar sofort auf den Weg machte, aber der Weg nach Key West ist lang. Auf den Keys spitzte sich im Laufe des Tages die Lage immer mehr zu, nachdem die ersten Ausläufer des Sturms die Inselkette erreicht hatten. Der Evakuierungszug kämpfte sich in 3,5 Stunden nur 65 Kilometer im Sturm voran und kam genau bis Islamorada (bin ich heute durchgeradelt), wo ihn gigantische Wellen einfach vom Gleis schoben. Nur die Lokomotive blieb stehen.

uelle: http://overseasrailroad.railfan.net/1935hurr.htm
Damit war die letzte Hoffnung der Bewohner der Keys auf Evakuierung zunichte gemacht worden und der Hurrikan fiel in der Nacht zum Dienstag mit voller Wucht über die Inselkette und deren Bewohner her. Häuser, Grundstücke und sogar ganze Inseln verschwanden über Nacht in den Fluten und Hunderte von Menschen verloren ihr Leben.

Die Eisenbahnlinie war schwer beschädigt und man verzichtete schließlich auf den Wiederaufbau. Stattdessen verlegte man den schon 1923 begonnenen Bau des Overseas Highway nun teilweise auf die alten Eisenbahntrasse. Teilweise (z.B. auch bei den Brücken) setzte man die Fahrbahn direkt auf den Schienen auf. Eröffnung des Highways war 1938. In den 70er und 80er Jahren ersetzte man die meisten der seinerzeit zu Straßen umfunktionierten Eisenbahnbrücken durch höhere und breitere Autobrücken.


So sieht das aus, wenn die alte Brücke noch immer steht. Ohne Leitplanken, bei böigem Wind und mit all dem Zeug auf der Fahrbahn war das heute eine ziemlich riskante… Quatsch. Natürlich konnte ich auf dieser Brücke NICHT fahren. Was ihr nämlich NICHT seht, ist die fünf Meter breite Lücke zwischen dem Fotografen und dem Beginn der Fahrbahn. Die ehemalige Brücke zwischen zwei Inseln ist nun selbst zu einer Insel geworden.

Es folgen die Bilder des Tages in chronologischer Reihenfolge, damit ihr die heutige Etappe so richtig mitfahren könnte. Ich bitte daher auch um Verständnis, dass ich mich heute nicht auf eine Handvoll Bilder beschränken konnte. Will nicht, muss (fotografieren).










Keine drei Minuten nach meiner Ankunft hier war im Meer. Kann mir (außer Angie und Robert) jemand einen guten Grund nennen, warum ich zurück nach Deutschland wollen sollte?

Till Senn

Die Himmlische Notaufnahme

Folge 1: „Kindersprechstunde“

Am Ende des Blogeintrags vom 6. Oktober habe ich diese kurze Szene angekündigt. Es hat ein Weilchen gedauert, aber besser spät als nie. Oder umgekehrt? Das müsst ihr entscheiden.

Rollen:

Ein Säugling (Säugling)
Der Liebe Gott (Gerhard Polt)
Die Arzthelferin Maria (Marianne Sägebrecht)
Zwei Kerkerknechte (die Beiden aus „Das Leben des Brian“)
Die Elben Legolas (Orlando Blum) und Galadriel (Cate Blanchett) aus „Der Herr der Ringe“
Zwei Soldaten der Schweizer Garde

Auf der Bühne ist das Sprechzimmer der Himmlischen Notaufnahme zu sehen. Es ist der 24.12.2006. In der Mitte thront der Liebe Gott hinter einem riesigen, weißen Tisch. Auf dem Tisch ein roter und ein grüner Stempel. An einer Ecke des Tisches ein gerahmtes Bild des Gekreuzigten und in der Mitte des Tisches ein Mikrofon mit einem roten Knopf. Hinter dem Lieben Gott befinden sich zwei Türen. Auf einer steht „Hölle“, auf der anderen „Himmel“. Vor der Höllentüre lungern die Kerkerknechte, vor der Himmelstüre stehen Legolas und Galadrial. Eine dritte Türe führt vom Sprechzimmer ins (nicht sichtbare) Wartezimmer. Vor dieser Tür stehen zwei Soldaten in Uniformen der Schweizer Garde.
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Lieber Gott: „Immer i! Am Heiligen Abend! Immer muaß i die Kindersprechstund‘ am Heiligen Abend hoit’n!“ Er packt das Bild des Gekreuzigten und schüttelt es. „ Bloß wega Deim Geburtsdog!“ Das Bild schweigt und der liebe Gott stellt es neben das Mikrofon in die Mitte des Schreibtisches. Er seufzt, drückt den roten Knopf am Mikrofon und bellt „Nächsta!“

Die Türe zum Wartezimmer öffnet sich und eine Arzthelferin schiebt einen Kinderwagen ins Sprechzimmer. Die Soldaten salutieren und und brüllen „Ave Ma-ria!“, wobei sie beim „ria“ die Hacken laut zusammenknallen lassen.

Die Arzthelferin zuckt zusammen und dreht sich langsam um: „Oamoi am Dog langt. Des war oamoi. Jetzt langd’s fia heid, habt’s mi!“

Als sie sich wieder dem Lieben Gott zuwendet, fällt ihr Blick auf das Bild des Gekreuzigten in der Tischmitte: „Und Dir hob I a scho tausnd moi gsogt, dass’d as Buidl vom Buam steh lossn soist wo’s hi g‘head!“ Sie stellt das Bild mit forscher Geste zurück an die Tischecke, macht auf dem Absatz kehrt, wirft den Soldaten einen „Untersteht-Euch-Bloss-Nicht-Blick“ zu und rauscht aus dem Sprechzimmer. Die Soldaten schließend die Tür hinter ihr und grinsen sich an.

Der Liebe Gott blickt auf den Säugling herab: „So, wen hamma denn do?“
Säugling: guckt den Lieben Gott mit großen Augen an.
Lieber Gott: „Wia hoaß ma denn?“
Säugling: guckt den Lieben Gott an.
Lieber Gott: „Woas a ned, ha? Und wia geht’s uns?“
Säugling: guckt den Lieben Gott an.
Lieber Gott: „Na ja, guad kon‘s da ned geh, sonst warst ja ned do, gäh?“ (lacht über seinen Scherz). „A bissal a Spass muaß sei in am katholisch’n Haus, oda? A gäh, na war’s oiwei a so. Oda? Oiso nacha…“

Der Liebe Gott greift sich die hellblaue Akte, die an der Seite des Kinderwagens steckt. „Aha, a Bua. Na hamma wenigstens des scho klar. Jetzt schau ma moi, wia ma hoaß‘n.“ Er blättert ein wenig vor und dann wieder zurück. „Wo hams jetzt wieder …“ blättert „ja wo is nachan der…“ blättert „Herrschaftzeiten, des gibt’s doch ned, do muaß doch irgendwo da – DO is a ja… ÖHA! … Auweh! Auweh Gloana, do moan i host jetzt sauba nei glangt. Du bist ja no gor ned tauft!“

Säugling: guckt den Lieben Gott an

Lieber Gott: „Gloana, ohne Stempel gibt’s koan Clubausweis und ohne Ausweis kimmst ned nei in Club. Des san de Regeln.“ Seufzt. „Woaßt, I hob dene do unt‘n zehn Regeln geb’n. Domois. ZEHNE! Und jetzt schau da de Ausführungsverordnungen o, de’s in Rom dazua erfund’n ham. An Mariannengrab’n kannst damit zuaschütten und hätts’t imma no gnuag zum Vahoaz’n für zwanzig Winter in Sibirien. Aber wia g‘sogt. Solang de do unt‘n ihre Vorschrift’n ned ändern, san mir do herob’n de Händ‘ bund’n.“ (Schlägt frustriert mit der Faust auf den Tisch) „Jetzt hockan’s seit beinah DREI Jahr beinand und dischgriern üba d‘ Vorhölle! JAAAA MEI, MIA WISSS MAS AAAA NED. SOI MA ODA SOI MA NEDA? SOI MA SO ODER SOI MA ANDERS? ODER LOSS MA OLLES WIAS WAR …? I mogs nimma hean, des Gschmatz. DREI JAHR wega so einem Schmarr’n!“ Seufzt. „Huift nix Gloana. Huift nix.“

Säugling: guckt den Lieben Gott an

Der Liebe Gott greift sich erneut das Bild des Gekreuzigten, starrt es eine Weile gedankenverloren an, stellt es erneut in der Mitte des Schreibtisches ab und wendet sich wieder dem Säugling zu. „So schlimm wird‘s scho ned werd‘n, ha? A bisserl rösten tun‘s dich halt.“

Säugling: lacht

Lieber Gott: „Rööös-teeen“, a schönes Wort, gell? RÖÖÖÖÖS-TEEEEN, am SPIEEEE-SERL RÖÖÖÖS-TEEEN, gell? Ja-Ja-Ja. Do lacht a, da Bua.“

Säugling: gluckst jetzt vor Vergnügen

Lieber Gott: Seufzt. „Bua, des Lacha wird da boid vergeh, fürcht‘ i.“ Dann greift er zum roten Stempel und drückt ihn entschlossen auf den hellblauen Aktendeckel. Als er die Hand wieder hebt, steht „Vorhölle“ in roter Schrift auf dem Papier. Der Liebe Gott wendet sich den Kerkerknechten zu. „Ihr seid’s dro.“

Die Kerkerknechte unterbrechen ihre Diskussion über die Feinheiten der „Synthetischen Urteile apriori“ von Immanuel Kant und zerren unter viel Gegrunze den Kinderwagen mit dem immer noch glucksenden Säugling durch die Tür mit der Aufschrift „Hölle“, die sich daraufhin langsam von selbst schließt.

Der Liebe Gott seufzt, drückt den roten Knopf und bellt ins Mikrofon: „Nächsta!“

ENDE
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Wie komme ich auf einen solchen Blödsinn? Halt! Wieso ICH? Der Blödsinn ist nicht von mir, ich habe ihn nur ein wenig umformuliert. Auslöser war dieses Werbeplakat der „Faith Baptist Church“ in Marianna, Florida, das meine Phantasie mächtig in Fahrt gebracht hat. Das passiert immer, wenn ich mich fürchterlich über etwas aufrege:


Die Baptisten sind nach den Katholiken die Nummer 2 in den USA. Im Norden, speziell Nord-Osten der USA traten sie im 18. Jahrhundert als radikale Gegner der Sklaverei in Erscheinung. Die Baptisten-Brüder und Schwestern im Süden der USA sahen das (und vielerorts sehen) allerdings ein wenig anders. Bis in die späten 1960er Jahre waren die Kirchen im Süden streng rassistisch (kein Vertipper) getrennt und manche sind es noch heute!

Die Baptisten aus Marianna, Florida, beklagen sich also bei der Welt über die mangelnde Dankbarkeit der Menschen. Womit wir uns dem Kern aller christlicher (und vieler anderer) Religionen auch schon auf Tuchfühlung genähert haben: Wir Menschen sind schlecht, mit uns stimmt etwas nicht mehr, das mal gestimmt hat, wir sind nicht so, wie wir sein sollen, genauer gesagt: sind nicht mehr so, wie wir mal waren. Früher war halt alles besser. Ganz besonders am Anfang, im Paradies. Da war alles gut, da war alles heil. Dann passierte die blöde Geschichte mit dem Apfel und seitdem haben wir den Salat: die Erbsünde bzw. Erbschuld. Aus dem Heils- ist ruck-zuck ein Unheilszustand geworden, der sich bis in alle Ewigkeit auf alle Nachkommen vererbt. Jetzt brauchen wir einen Heiland, der uns wieder heil macht, damit wir – ähnlich wie beim Bayernlos - eine zweite Chance (im zweiten Leben) haben. Das Prinzip der „Heilsnotwendigkeit“ ist das Fundament des Christentums.

Ein echter Christ muss also glauben, dass er diese Welt mit einer Erbschuld betreten hat, für die er zwar selbst aus einleuchtenden Gründen nichts kann, die er aber dennoch zu begleichen hat. Welch ein geniales Konzept! Weder Banken noch die übrige organisierte Kriminalität hat dieses Konzept so dreist und perfekt umgesetzt wie die Kirche(n). Die Kunden der Kirche akzeptieren nicht nur widerspruchslos, dass sie Schulden zahlen müssen, ohne jemals ein Darlehen aufgenommen zu haben, sie zahlen auch noch mit Hingabe Zinsen und Zinseszinsen für diese Schuld und verteidigen diese Zahlungswilligkeit mit geradezu aggressiver Leidenschaft gegenüber jedem, der ihnen einreden will, dass sie vielleicht gar keine Schulden haben.

Wir Menschen haben also höllische Schulden bei der himmlischen Bank, die wir aber dummerweise weder in DIESEM Leben noch ohne die Hilfe eines Heilands tilgen können. Damit wir aber wenigstens im NÄCHSTEN Leben schuldenfrei anreisen können, müssen wir uns nach allen Regeln der Kunst erlösen lassen. Und das beginnt mit der Taufe. Ohne Taufe keine Erlösung. Die Taufriten sind (in jeder christlichen Variante leicht unterschiedlich) genau festgehalten. Im Online-Katechismus der Deutschen Bischofskonferenz ist zu lesen:

„Deshalb ist etwa eine Taufe, die nicht in trinitarischer Form gespendet wird … nicht gültig.“

Daraus schließe ich, dass der Liebe Gott ein Bürokrat sein muss. „Moooo-ment! Da fehlt ja der Heilige Geist! Ja soooooo kemma mia ned ins Gschäft, mei Liaba. Sooooo ned. NED MID MIA! ABFÜHREN! Und bedanken kannst Dich bei dem, der bei der Taufformel an Heilig’n Geist vergessen hod. Schlamperei! NICHT MIT MIR.“)

Ins Penthouse kommen also nur Getaufte. Der Rest fährt abwärts. Ewige Qualen und-soweiter-und-sofort. Für ungetaufte Kinder (u.a. auch abgetriebene Föten) haben die Verkünder der Frohen Botschaft eine spezielle Folterkammer geschaffen: die Vorhölle. Um die Zahl der minderjährigen Vorhöllen-Opfer möglichst gering zu halten, gewissermaßen aus humanitären Überlegungen heraus, hat man in Rom für Härtefälle die Nottaufe eingeführt. Hier drückt der Liebe Gott dann beide Augen zu, solange es halbwegs nach den Regeln abläuft. Wer jedoch nicht einmal notgetauft ist, hat Pech gehabt. Abgetriebener Fötus hin oder plötzlicher Kindstod her. Dem Lieben Gott sind dann die Hände gebunden, auch wenn es ihm bestimmt mehr weh tut als dem kleinen Wesen am Spieß.

Die Kunde vom Ende der Vorhölle erreichte uns im Jahre 2007. Zu spät für unseren Säugling aus der Kindersprechstunde. In Worten: ZWEI-TAUSEND-UND-SIEBEN. „Unser“ Papst hat 2007 die Vorhölle abgeschafft! Drei Jahre hat man im Vatikan dafür intensivst beraten und beraten und beraten, bevor man sich zu der Entscheidung durchringen konnte, dass ungetaufte Kinder NICHT bis in alle Ewigkeit gefoltert werden müssen. Ich finde es übrigens sehr beeindruckend, was ein Papst so alles kann. Sagt, dass die Vorhölle ab sofort weg ist und zack: ist sie weg. Was natürlich sofort die nächsten Fragen in meinem Kopf gebiert, die sich alsdann rast- und ruhelos auf den Weg machen und durch mein Hirn geistern wie Irrlichter:
Hat es die Vorhölle nie oder genau bis zum Zeitpunkt der Abschaffung gegeben? 
Wenn „nie“, was wäre denn sonst noch alles möglicherweise… äh… beratungsrelevant für die Herren in Rom? 
Wenn „bis zu diesem Zeitpunkt“, was könnte der Papst denn sonst noch alles abschaffen oder einführen, das dann auf einmal weg oder da wäre?
Was passiert, wenn der nächste Papst die Vorhölle wieder einführt? Sind die Gäste von damals noch einquartiert oder wird sie leer sein?
Woher wissen die Leute in Rom immer so genau, wie das alles ist? Und sie müssen es ja wissen, denn sie sagen  ja die Wahrheit. Nochmal muß ich die Oma von meinem Freund Oliver zitieren: "Die dürfen doch nicht lügen, oder?" 
Wie kann heute falsch sein, was gestern wahr war?
Wie wahr ist dann der heutige Rest?

Tja, das Wahrheitsproblem. Die Lehre von der Erbsünde ist ein Dogma, also eine kirchliche Lehrmeinung, die WAHR ist (Stichwort „Heilsnotwendigkeit“.) Weitere bekannte Beispiele mit vorangestelltem Jahr, in dem ein Papst die jeweilige Wahrheit entdeckt bzw. als WAHR verkündet und damit zur unverrückbaren kirchlichen Lehrmeinung erhoben hat):

1215: Transsubstantiation*
1854: Unbefleckte Empfängnis Mariens
1870: Unfehlbarkeit des Papstes
1950: Leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel

*Bei der Transsubstantiation (Wesensverwandlung) geht es um das, was bei der (katholischen) Wandlung mit dem Wein und der Oblate passiert. Brot zu Fleisch und Wein zu Blut. Natürlich darf man sich das nicht so direkt vorstellen, nein, aber auch nicht nur symbolisch. Auf keinen Fall NUR Symbolisch. Da passiert schon irgend etwas mit dem Wein und der Oblate, aber .... Mein Sonntag-Nachmittags-Vorschlag: Mal beim Pfarrer genau (GENAU) nachfragen, was da GANZ GENAU passiert und wie man dahinter gekommen ist. Als Theologiestudent habe ich viele unterhaltsame Stunden erlebt, wenn ich bei den Priesteramtskandidaten der höheren Semester diesbezüglich nachgebohrt habe. Besonders schöne Reaktionen erntet man auf die Frage, wieso es 1215 (oder 1854 oder 1870 oder 1950) Jahre gedauert hat, bis überhaupt jemand hinter derart fundamentale Wahrheiten gekommen ist. Waren vorher nur Idioten am Steuer? Oder haben wir es vielleicht mit dem Geisterfahrersyndrom zu tun, bei dem der Geisterfahrer WEISS, dass alle falsch fahren und nur ER auf der richtigen Spur unterwegs ist? Zum Dilemma wird das, wenn solche Geisterfahrer „ex cathedra“ Meinungen zu Wahrheiten erheben, die linke zur rechten Spur erklären und fürderhin bei jeder Kollision empört rufen „Dann fahr halt RICHTIG, DU DEPP!“ Und niemand im Club darf sich melden und sagen „FALSCH“, weil es „WAHR“ sein MUSS. Hans Küng kann ein Lied davon singen. Jessas.

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Als vertiefende und – je nach Standpunkt – erheiternde oder deprimierende Lektüre empfehle ich den Online-Katechismus der Deutschen Bischofskonferenz http://www.dbk.de. Hier ein paar Bonmots, deren Kommentierung ich mir schweren Herzens an dieser Stelle verkneife.

Das Wesen der Erbsünde ist die böse Lust und Neigung, d. h. die Abneigung gegen Gott, der Mangel an wahrer Gottesfurcht und wahrem Glauben


Adam hat aufgrund der Sünde, durch die er das Gebot Gottes übertreten hat, "die Heiligkeit und Gerechtigkeit, in die er eingesetzt war", verloren. Dadurch ist er aus der Gemeinschaft mit Gott herausgefallen und der Macht des Teufels verfallen. Er wurde nicht total verkehrt, sondern "an Leib und Seele zum Schlechteren gewandelt". Diese eine Sünde, die Ursünde, wurde auf das ganze Menschengeschlecht übertragen, und zwar "durch Abstammung, nicht durch Nachahmung", so daß sie "allen innewohnt und jedem zu eigen ist". Durch das Verdienst Jesu Christi wird die Erbsünde im Sakrament der Taufe wirklich getilgt.


…die Heilsnotwendigkeit der Kirche ausgesagt. Denn Glaube und Taufe sind die Tür, durch die wir in die Kirche eintreten. Darum könnten jene Menschen nicht gerettet werden, die um die katholische Kirche und ihre von Gott durch Christus gestiftete Heilsnotwendigkeit wissen, in sie aber nicht eintreten oder in ihr nicht ausharren wollten.

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Zum Schluss noch ein zum Thema des Tages passender Witz, den ich natürlich wieder komplett falsch erzähle.

Ein Mann geht am Strand spazieren und findet eine Flasche. Er öffnet sie und heraus kommt ein Flaschengeist. Der Flaschengeist sagt zu dem Mann:
„Ich war tausend Jahre eingesperrt und Du hast mich befreit. Du hast einen Wunsch frei.“
Der Mann sagt: „Ich würde gerne einmal einen Blick in die Hölle werfen.“
Der Flaschengeist macht eine Bewegung mit der linken Hand und – zack – findet sich der Mann an einem anderen Strand wieder, mit dem selbst der schönste Club der gesamten „DomRep“ nicht mithalten könnte. Sonne, eine milde Brise, Palmen (ja Radlhans, ich weiß, für Dich wirklich die Hölle), also stellen wir schnell für den Radlhans ein paar Kartentische auf, an denen Schafkopf gespielt wird. Für Menschen mit anderen Neigungen gibt es jede Menge kleiner Cocktail-Bars oder Sitzgruppen, an denen lecker aussehende Getränke und Speisen bereit stehen und sich laufend wie von selbst erneuern. 
Zwischen den Palmen Hängematten, Liegestühle, gemütliche Sitzgruppen. Es gibt keine einzige Mücke, nicht einmal eine für unseren Mückenflüsterer "Radlpeter", und wem das alles immer noch zu wenig Abwechslung ist, der kann jederzeit mit dem HAV (Höllen-Alpen-Verein) nach Georgien zum Bergsteigen fahren.
Je länger der Mann durch diese seltsame Hölle läuft, desto mehr gelangt er zu der Überzeugung, dass ihn der Flaschengeist reingelegt hat. Auf einmal kommt eine seltsam aussehende Gestalt mit Hörnern am Kopf und Hufen statt Füßen auf ihn zu geschlendert.
„Gestatten, ich bin der Teufel“, sagt der Teufel. „Ich habe gehört, Sie möchten sich hier ein wenig umsehen. Kommen Sie mit, ich zeige Ihnen die Hölle.“
Und so wandern Sie stundenlang durch das Idyll, das mit jedem Schritt noch idyllischer und noch schöner wird. „Das soll die Hölle sein?“ sagt der Mann schließlich? „Das ist die Hölle“ sagt der Teufel.
„Aber ich dachte immer, dass man hier gequält und gefoltert wird und auf Spießen und glühenden Kohlen…“ „
„Moment!“ sagt der Teufel, „Mo-ment! wir sind noch nicht durch“. Und er führt den Mann ans andere Ende der Insel, wo in einer gigantisch großen, gigantisch dunklen und gigantisch muffigen Höhle viele turnhallengroße finnische Saunen stehen. Eine neben der anderen. Der Mann blickt durch ein beschlagenes Fenster der am nächsten gelegenen Sauna und sieht, wie auf glühenden Kohlen nackte und gepeinigte Menschen von brutalen Folterknechten geschlagen und gequält werden. Durch die Ritzen im Holz vernimmt er ein vielstimmiges Jammern und Wehklagen, hört die Schreie und das Wimmern der Gepeinigten. Als der Mann den Teufel irritiert ansieht, zuckt dieser nur mit den Achseln und sagt: „Das haben wir eigens für die Katholiken eingerichtet. Die wollten das so.“

22. - 24. Oktober (Tage 119 - 121)

Arbeits- und Regenpause in Key Largo

Und wieder einmal habe ich zum richtigen Zeitpunkt pausiert. Seit heute Nacht tobt sich ein tropisches Unwetter aus. Brachialer Regen und stürmische Böen peitschen über die Keys, dazwischen kurze, windstille, scheinheilige, sonnige Abschnitte. Regen und Wind sind im Foto (Blick aus meinem Zimmer) nicht zu erkennen, aber glaubt mir: DAS WAR BEÄNGSTIGEND:


Radeln wäre unmöglich gewesen; wenn ich an den Oversea-Highway von hier bis Key West denke, dieses vierspurige Teerband, auf dem ununterbrochen Autos und LKWs in beide Richtungen unterwegs sind, an die Pfützen und kleineren Seen, das Spritzwasser der vorbeirauschenden Fahrzeuge, die vernebelte Sicht, den Wind, die „7-Mile-Bridge“… Jessas! Ich hätte die Tour 160 Kilometer vor dem Ziel abbrechen müssen, wenn ich heute oder morgen in Key West hätte sein müssen. Was bleibt, ist die Hoffnung, dass die Wettervorhersage entweder nicht stimmt oder ich mich am Montag und Dienstag zumindest um den Regen herum ans Ziel mogeln kann…


Till Senn

Joe's weekly

Letzte Zwischenbilanz:

Lohnt sich so kurz vor dem Ziel eigentlich kaum mehr, aber versprochen ist versprochen. Hier also die letzte Zwischenbilanz vor der Endabrechnung. Zuvor aber noch ein klein wenig Schwarz-Weiß-Schwelgerei:

"Key Largo"
Der gleichnamige Film von 1948 (dämliche deutsche Übersetzung 'Gangster in Key Largo') ist ein Muss für Liebhaber von Schwarz-Weiß-Klassikern. Wer erinnert sich noch... was? NEIN, nicht an die Uraufführung! An „Frank McCloud“ (Humphrey Bogart), „Johnny Rocco“ (Edward G. Robinson) oder „Nora Temple“ (Lauren Bacall)?

Mal reinschnuppern? Nach 51 Sekunden gibt’s ein paar schöne, aber sehr kurze Aufnahmen von Key Largo, das sich in den letzten 62 Jahren kein bisschen verändert hat :-) TRAILER ANSEHEN
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Kilometerstand: 7.281
Höhenmeter: 37.037
Zeit im Sattel: 424 Stunden, 22 Minuten

Pannenstatistik:
7 Platten (Anhänger)
1 aufgeschlitzter/verschlissener Reifen (Anhänger)
1 gerissene Schweißnaht (Anhänger)
0 Platten (Fahrrad)

21. Oktober (Tag 118)

Fort Lauderdale, FL – Key Largo, FL

Tages-Km: 153
Gesamt-Km: 7.281
Zeit im Sattel: 8:01
Wetter: Sonnig
Temperatur: 21 – 32°C



Ich bin ein Japaner
Herrschaften, das war vielleicht eine Etappe heute. Erst einmal 50 Kilometer durch die Eingeweide des Molochs „Miami“, dann nochmal gute 100 Kilometer gegen die Zeit. Ich wollte heute unbedingt nach Key Largo und wenn ich will, dann will ich.

Um 6:00 Uhr läutete der Wecker, um 07:00 Uhr war ich auf dem Rad und um 07:01 Uhr war ich nervlich schon am Ende. Na ja, fast. Ich schere mich ab sofort NULL um jegliche politische Korrektheit, einverstanden? Nennt mich ungerecht, einseitig, subjektiv oder rassistisch. Ist mir egal! Ich sage was ich denke und ich meine, was ich sage. Damit wäre das dann also geklärt. Also: In Miami wird Spanisch gesprochen. Hin und wieder hört man auch Deutsch, Italienisch oder Französisch. Englisch eher selten. Miami ist eine Hochburg der Hispanics, also derjenigen Menschen, deren Muttersprache Spanisch ist. Wer „Asterix in Spanien kennt“, der weiß, worauf ich hinaus will. Wer „Asterix auf Korsika kennt“, erst recht. Korsen sind spanischer als jeder Spanier. Fast allen Hispanics fehlt das Lach-Enzym. Deshalb sehen sie meistens so aus.

Quelle: Internet
Der Korse Osolemirnix darf hier nicht fehlen

Quelle: Internet


Genauso Wenig wie der herrliche Dialog:

"Du hast meine Schwester angeschaut."
"Aber - Eure Schwester interessiert mich nicht ..."
"Was, meine Schwester gefällt Dir nicht?!?!?"
"Aber natürlich gefällt mir Eure Schwester ..."
"Was? Sie gefällt Dir? Haltet mich fest, bevor ich ihn absteche!!!"

Ich war heute ein Japaner aus Bayern, der sich Kilometer für Kilometer als ewig lächelnder Eisbrecher durch ein Meer erstarrter Gesichtszüge gekämpft hat. Ich kann nicht einmal für zwanzig Sekunden nicht so mürrisch spielen, wie die Hispanics ununterbrochen aussehen. Nichtsdestotrotz ich habe mich in Miami konsequent daran gehalten, möglichst mürrisch in die Kamera zu starren:


Freunde, Miami ist kein Zuckerschlecken für Radler. Wahrlich nicht. Radwege? HAHA. Bike Lanes? HAHA. Ich bin auf Gehsteige ausgewichen, wenn es auf der Straße überhaupt nicht mehr auszuhalten war. Habe dort tausende von mürrisch dreinblickenden Hispanics umkurvt, bin zwischen mürrischen Pfosten, mürrischen Masten und mürrischen Stempen hindurch gefahren, hinter/vor/über/unter mürrische Bushäuschen, rauf auf mürrische Gehsteige, runter auf noch mürrischere Straßen, durch mürrische Unterführungen und über mürrische Brücken… kurz: ich bin um mein Leben geradelt und habe vorübergehend mindestens 98 zusätzliche Augen entwickelt. Alles in allem habe ich mich beinahe gefühlt wie zuhause. Ohne Rückspiegel – keine Chance. NULL!! NADA. Sinnlos, Irrsinn, Wahnsinn. Aber - ich habe es ohne einen einzigen Kratzer geschafft und könnte jetzt das Rad samt Anhänger auf einem Schwebebalken in drei Zügen wenden. Auch in Wetten-Dass könnte ich auftreten. Ich erkenne am Mundwinkel-Winkel auf den Monat genau, seit wann eine Hispanierin verheiratet ist. Wetten?

Was war ich froh, als Miami HINTER mir lag. Dummerweise lagen da aber noch mehr als 100 Kilometer VOR mir. „Wenn Du es eilig hast, nimm Dir Zeit“, lautet einer der vielen klugen Sprüche, die mich immer so ungeheuer nerven, weil sie mir immer dann einfallen, wenn sie mich nerven. Aber ich hatte keine andere Wahl, ich musste meine Kalorientanks wieder füllen, damit ich es dann in einem Zug bis Key Largo schaffe. Und sieh an – ich habe während der Pause das erste und einzige Lächeln des Tages gesehen. Ulises aus dem Restaurant „Aladdin“ hat mir ein erstklassiges (vegetarisches) Mittagessen samt einem köstlichen libanesischen Bier aufgetischt. Als ich ihn für den Blog fotografieren wollte, hat er sich extra noch schnell eine Krawatte umgebunden.


Ab dann ging’s mit Vollgas weiter. Immer weiter, weiter, weiter. Bei Kilometer 132 kam dann endlich die ersehnte Brücke zwischen dem Festland und den Keys… und dann: die Keys:


Florida Keys-Komma-die-Doppelpunkt: „Die Florida Keys sind eine Inselkette mit einer Länge von über 290 km (180 Meilen), die sich von der Südspitze der Halbinsel Florida bis nach Key West erstreckt. Die Inseln liegen zwischen dem Golf von Mexiko und dem Atlantischen Ozean. Bis zu einem Hurrikan im Jahre 1935 waren die Inseln durch eine Eisenbahnlinie verbunden. Heutzutage erreicht man die Inseln über die 42 Brücken des Overseas Highway, der anstelle der Eisenbahnlinie errichtet wurde.
Die bekannteste der Brücken ist die „Seven Mile Bridge“. Sie verbindet Vaca Key (Marathon) mit Bahia Honda und überquert dabei Pigeon Key. Ihrem Namen entsprechend hat diese Brücke eine Länge von sieben Meilen (11 km)….


Die Florida Keys sind die sichtbaren Teile eines alten Korallenriffes. Die nördlichste Insel dieses Riffes ist Elliott Key im Biscayne National Park. Nördlich von Elliott Key gibt es mehrere Übergangsinseln, die sich aus Sand auf Resten des alten Korallenriffes gebildet haben. Key Biscayne und weiter nördlich gelegene Inseln haben sich aus Sandbänken gebildet…
Die Florida Keys liegen zwischen 24 und 25 Grad nördlicher Breite und somit in subtropischem Gebiet. Klima, Flora und Fauna entsprechen eher den Verhältnissen in der Karibik als denen im Rest von Florida.“
Quelle: Wikipedia

Bis einschließlich Sonntag bleibe ich hier in Key Largo im „Azul del Mar“, einem kleinen Hotel der Extraklasse. Ein wenig arbeiten, ein wenig faulenzen, ein wenig arbeiten, ein wenig… Die Keys sind nicht gerade günstig. Vorausschauend wie ich bin, habe ich mir also etwas Kleingeld für die letzte Woche aufgespart, damit es am Ende nicht heißt (endlich kann ich den Kalauer anbringen ): „Koan Kies auf de Keys.“

Voila! Mein Zimmer mit dieser Aussicht:



Wie gesagt, am Montag und Dienstag stehen die letzten beiden Etappen nach Key West an. Bis dahin liefere ich noch „Joe’s weekly“ und „Die himmlische Notaufname“ mit dem Sketch „Kindersprechstunde“.

Till Senn

20. Oktober (Tag 117)

Palm Beach, FL – Fort Lauderdale, FL

Tages-Km: 84
Gesamt-Km: 7.128
Zeit im Sattel: 4:05
Wetter: Sonnig
Temperatur: 21 – 29°C


Henry Morrison Flagler, Mitbegründer der Standard Oil Company und einer der ganz Großen im Eisenbahngeschäft, erwarb 1893 an der Atlantikküste Floridas ein Grundstück namens „Palm Beach“. Dieser Name kommt nicht von ungefähr: Palmen bestimmen das Erscheinungsbild dieses Küstenstreifens. Mr. Flagler war ein findiger Geschäftsmann und kam schnell dahinter, das die Superreichen viel Geld ausgeben, um den Winter in kurzen Hosen und/oder mit Golfen verbringen zu können. Also baute er seine Eisenbahnlinie nach Süden aus und errichtete eine Reihe von Eisenbahnhotels. Damit aber nicht genug:
1894 eröffnete Flagler die erste Hotelanlage von Palm Beach ,„The Royal Poinciana“ am Lake Worth. Es lag südlich von Daytona Beach und war das damals erste und einzige Hotel mit Seeblick. Zwei Jahre später, 1896 baute Flagler den Hafen von Palm Beach. Es wurde ein Pier von etwa 300 Meter Länge errichtet, der den Dampfschiffen die Möglichkeit bieten sollte, hier anzulegen, wenn sie zwischen Nassau, Havanna, und Key West pendelten. Zur gleichen Zeit wurde die erste Freiwillige Feuerwehr von Palm Beach gegründet. Ihre Mitglieder wurden als “Flagler Alerts” bezeichnet.
Um die Kundschaft, die gerne Golf spielte, zufriedenzustellen, wurde eine 9-Loch Golfanlage geschaffen, mit eigenem Clubhaus „The Poinciana Golf Clubhouse“. 1900 war Palm Beach bereits als Winterferienort für die Superreichen bekannt. Die Anlage „The Royal Poinciana“ wurde um das Doppelte vergrößert. Flagler legte einen Schienenstrang seiner Bahnlinie bis zum Hoteleingang.“
Quelle: Wikipedia

Im Gegensatz zu Starnberg verschanzen sich nicht alle Reichen hinter meterhohen Wänden, was netterweise immer wieder für freie Sicht auf den Atlantik sorgt. Ebenfalls im Gegensatz zu Starnberg gibt es immer wieder längere Küstenstreifen ohne jegliche Bebauung und mit „public beach access“.



Je näher ich an Fort Lauderdale herankam (und damit an Miami), desto bombastischer, monumentaler und vermauerter wurden die Prachtvillen und Luxusbehausungen. Die Mauern wuchsen, Anzeichen von Leben wurden zur Mangelware. Die Prachtbauten wirken trotz aller architektonischen Extravaganz und botanischer Pracht leblos. Statt Menschen sah ich viele Ferraris, Aston Martins und dicke Limousinen mit getönten Scheiben, die selbstgefällig in der Sonne vor sich hin glänzten. Wahrscheinlich war die eine Hälfte der Superreichen damit beschäftigt, noch mehr Geld zu scheffeln, während die andere Hälfte beim Shoppen war.


Fort Lauderdale hat den Spitznamen „Venedig Amerikas“. Ein dichtes Netz von Kanälen durchzieht die Stadt und wer etwas auf sich hält, tuckert mit der dicken Yacht durch die Stadt.


42.000 Boote, Yachten und sonstige Varianten von schwimmenden Häusern wohnen in Fort Lauderdales Häfen. Der riesige Seehafen „Port Everglades“ ist Anlaufpunkt für große und allergrößte Kreuzfahrtschiffe. Die Bahamas und Kuba sind ja gleich um die Ecke. So wie man als Altöttinger am Wochenende mal nach München fährt, schippert man als Fort Lauderdaler eben nach Nassau.

Die weiteren Aussichten: DER COUNTDOWN LÄUFT. Noch drei Etappen. Morgen bis Key Largo, wo ich mich über das Wochenende eingrabe und warte, bis die Straßen wieder wenigstens halbwegs frei sind. Am Montag packe ich dann die erste Hälfte der Keys an und am Dienstag will ich Key West erreichen. So richtig wohl ist mir nicht bei dem Gedanken. Kaum losgefahren, soll das alles schon wieder zu Ende sein?

Till Senn

19. Oktober (Tag 116)

Hutchinson Island, FL – Palm Beach, FL

Tages-Km:  106
Gesamt-Km:  7.064
Zeit im Sattel: 5:17
Wetter:  Sonnig
Temperatur:  19 – 27°C


Es ist jetzt 21:00 Uhr. Michael Price hat mich eben wieder vor dem „Bradley Park Hotel“ in Palm Beach abgesetzt, vor dem er mich knapp zwei Stunden früher abgeholt hat. „Soso“ sagt ihr, „und wer ist Michael Price?“ Ein Fotograf (http://www.michaelpricephotography.com/) und leidenschaftlicher Radler, dem ich etwa 15 Kilometer nördlich von Palm Beach begegnet bin. Weil Michael unterwegs nur sein i-Phone dabei hatte, musste dieses als Fotoapparat herhalten:

Foto von Michael Price, West Palm Beach
Gleich nach den ersten Sätzen schlug Michael vor:  „Herman, I show you the way to your hotel. I pick you up at 6:30 and we go to an Irish Pub.“  Gesagt, getan und um Punkt 18:30 Uhr stand Michael mit seinem blauen SUV vor der Tür. Er hat mir auf dem Weg zum Pub unter anderem von Dahao, dem Chinesen erzählt, der vor kurzem für ein paar Tage bei ihm gewohnt hat. Dahao radelt seit 12 Jahren (!) um bzw. durch die Welt. Auf Packtaschen oder Anhänger verzichtet er und schleppt rund 45 Kilo Gepäck lieber auf dem Rücken um den Globus.

Foto von Michael Price


Der Abend war perfekt. Wir saßen vor dem Pub an einem kleinen Tisch auf dem breiten Gehweg, um uns herum die Lichter der Großstadt, das Leben, der Trubel, die Schönen und Reichen auf dem 4-spurigen Laufsteg, sommerlich milde Temperaturen um die 23 Grad und erstklassiges Guinness vom Fass. Diese völlig ungeplanten und zufälligen Begegnungen sind das Salz in der Suppe solcher Reisen. Mit manchen wechselst Du zwei Worte, mit anderen verbringst du einen schönen Abend. Ich wiederhole mich, ich weiß. Aber das Lieblingsgericht schmeckt einem ja auch mehr als einmal, oder? Als Nachtisch gab’s übrigens noch eine ausgiebige Rundfahrt durch das nächtliche Palm Beach sowie das Angebot, jederzeit bei ihm wohnen zu können, wenn ich das nächste Mal in Palm Beach bin. Was ich zwar bis heute eigentlich nicht vorhatte, aber jetzt… Mal sehen. Von Ormond Beach sind es mit dem Auto nur etwa zwei bis drei Stunden hierher. Ich glaube, ich kenne da jemanden, der gerne mal Palm Beach kennenlernen möchte, oder Angie?

Der siebte Tausender
7 ist eine natürliche Zahl. Sie liegt zwischen 6 und 8, ist ungerade und eine Primzahl. Das ist schon mal nicht schlecht für den Anfang, aber noch lange nicht alles. 7 ist eine heilige Zahl! Die Welt wurde in 7 Tagen erschaffen, es gibt 7 Weltwunder, 7 Meere, hinter den 7 Bergen wohnen 7 Zwerge, die Woche hat 7 Tage und von Peter Maffay haben wir gelernt, dass wir über 7 Brücken gehen, 7 harte Jahre überstehen müssen und 7 mal Asche sein werden. (Häh? Na ja, was willst Du schon erwarten von jemandem, der seine Straße ohne Blick geht und sich sein Schaukelpferd zurückwünscht.)  Das bloße Auge kann 7 Himmelskörper erkennen: Sonne, Mond, Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn. Den Babyloniern, die ja sowieso mehr für Klotzen und weniger für Kleckern bekannt waren, galt die Zahl 7 als Zentrum von ALLEM und der sumerische König Lugulannemundu  opferte  49 (7x7) Ochsen und Schafe zur Einweihung eines Tempels mit 49 (7x7) Toren für die Göttin „Nintu“. Perser, Inder und Buddhisten sahen/sehen die 7 als etwas Besonderes an. Die antiken Griechen  hatten 7 Weise, weihten die Zahl  7 dem Gott Apoll und ein Schüler des Phytagoras kam sogar dahinter, dass die 7 die Summe von Viereck und Dreieck ist. Wow. Guter Schüler. Hat sich gelohnt, dass Pythagoras himself die Klassleitung hatte. 3 + 4 = 7. Ich meine, da mußt Du erst mal DRAUF KOMMEN! Gott hat die Welt in 7 Tagen erschaffen, der Sabbat ist der 7te Tag der Woche, und der heilige Leuchter hat 7 Arme. (Ein 7-armiger heiliger Armleuchter?) Trinität plus die vier Elemente ergeben wieviel? Richtig: SIEBEN.  Jesus spricht 7 letzte Worte am Kreuz und bei der Brotvermehrung sind es anfangs 5 Brote und 2 Fische. Der Evangelist Matthäus erzählt 7 Gleichnisse und Johannes erzählt von 7 Wundern. Den Johannes samt seiner überquellenden Symbolik schenken wir uns an dieser Stelle. Das Vaterunser besteht aus 7 Bitten und Gregor der Große hat 7 Tugenden und 7 Laster aufgelistet. Wieviele Sakramente gibt es? Genau. Und wieviele Gaben des Heiligen Geistes? Genau. Wir sind im 7ten Himmel und selbst der Islam verehrt die Sieben Heiligen von Marrakesch und der gläubige Moslem umschreitet die Kaaba 7 mal. Ein Buch mit 7 Siegeln? Jetzt reichts! 

Was ich sagen wollte: Während der heutigen Etappe ist der Kilometerzähler von 6.999,99 auf 7.000 umgesprungen. YEAH! Der siebte Tausender ist überschritten. Y.E.A.H.!!!  Wäre da nicht diese klaffende Wunde in Wyoming, wäre es ein Achttausender geworden. Aber das ist Schnee von gestern (Schnee, RADLHANS, S.C.H.N.E.E. !!!!)

Es folgen die Bilder des Tages:




Banyan Baum-komma-der-Doppelpunkt: Der Banyan wächst epiphytisch auf einem beliebigen Wirtsbaum, der zunächst keinen Schaden nimmt, da der Banyan kein Schmarotzer ist. Er sendet Luftwurzeln aus, die sich mit der Zeit zu einem dichten Netz entwickeln. Haben die Wurzeln den Boden erreicht, kommt es zu einem Wachstumsschub, da die Pflanze nun nicht mehr ausschließlich auf das Substrat, das sich auf dem Wirtsbaum angesammelt hat, angewiesen ist. Mit zunehmendem Wachstum wird der Wirtsbaum erdrückt und stirbt schließlich ab.
Banyanbäume erreichen eine Wuchshöhe von 20 Meter, selten bis 30 Meter. Die Borke ist grau und glatt, der unregelmäßig geformte Stamm ist kurz und teilt sich bald in weit ausladende Äste. Das Holz ist weich, wenig dauerhaft und nur von geringem wirtschaftlichen Nutzen. Den Seitenästen entspringen Luftwurzeln, die sich bei Bodenkontakt verdicken und stammähnlich die Krone stützen. Auf diese Weise kann der Banyanbaum mit der Zeit eine Bodenfläche von mehreren Hundert Quadratmetern bedecken.

Wie üblich bin ich auch im Parkhotel, Palm Beach verdreckt, verschwitzt und salzverkrustet angekommen und schnurstracks in Radlhose, Trikot, Helm und Handschuhen lächelnd am Springbunnen vorbei über das Marmorparkett und durch die Mahagoni-Türe (der Rahmen, nicht das Glas) einmarschiert und niemand hat die Polizei alarmiert sondern alle haben mich freundlich und zuvorkommend behandelt. Es lebe der amerikanische Service!



Wo sonst hochhackige Blondinen mit künstlich erweiterter Über-Oberweite ober-überzüchtete Pudel in pinfkfarbenen Leibchen hinter sich herzerren, durfte ich heute meinen Radl-Anhänger unter „Ahhs“ und „Ohhs“ der Gäste gleich einem Schubkarren durch die Lobby vor mir herschieben, ein Rund-um-Grinsen im Gesicht, das ich bis jetzt noch nicht ganz los bin. Ob ich jemals die Pubertät überwinde? "Gott bewahre!", wie wir Atheisten gerne scherzen.

Till Senn