27. - 30. Juli (Tage 32 - 35)

Tanz auf dem Vulkan

Für alle, die sich erst später zugeschaltet haben bzw. mit meinem Gedächtnis gestraft sind: Weil zwischen Missoula und Denver kein Mietauto (one way) aufzutreiben war, Passagierzüge in den USA nicht bekannt sind und Greyhound aus vierunddreißig anderen Gründen ausscheidet, Be aber am 31. Juli in Denver ins Flugzeug steigen muß, haben wir uns einen Kompromiss überlegt, der die Lücke in meiner Gesamttour auf ein Mindestmaß begrenzt.
  1. Von Missoula aus soweit radeln wie möglich (24./25. Juli = bis zum Chief Joseph Pass)
  2. Wieder zurück nach Missoula radeln (25./26. Juli)
  3. Auto mieten und Räder im Auto nach Rawlins, Wyoming transportieren und dort ... irgendwo deponieren.
  4. Weiter nach Denver fahren, nach Deutschland zurück fliegen (Be), Auto zurück geben und eine Arbeitswoche einlegen (Hermann)
  5. Am 06. August mit Angie im Greyhound Bus von Denver nach Rawlins zurückfahren und Radtour fortsetzen.
Auf geht's: So bringt man zwei komplette Räder (komplett zerlegt) in einen ganz normalen Kofferraum.


Anhänger, Anhängertasche und alle sonstigen Packtaschen und Zelte passen auf die Rückbank, Hermann und Be vorne rein. Klappe zu, Affe tot - und los geht's.

Was sich hier noch andeutet, lässt die Sintflut zum Nieselregen verkümmern. Leute, das war ein Unwetter, wie ich es noch nie erlebt habe. Dokumentiert mit Videokamera. Du meine Güte.... nichts für schwache Nerven und Nichtschwimmer.


Wer als Radler in ein derartiges Armageddon gerät, dem gnade jenes höhere Wesen, das wir nicht alle verehren. Das Inferno ist irgendwann vorüber, die Natur atmet wieder normal und auch mein Blutdruck ist wieder 80 zu 120.


Aus dem Zelt noch schnell ein richtiges Kitsch-Foto und ab in den Schlafsack. Gute Nacht.


Auf unserem Weg liegt der Yellowstone Nationalpark, DAS Prunkstück der USA und Neuland für mich. YELLOWSTONE NATIONALPARK-KOMMA-DER-DOPPELPUNKT: Der Trapper John Colter war im Jahre 1807 vermutlich der erste Weiße, der das wilde und schwer zugängliche Gebiet des heutigen Yellowstone Parks betrat, das damals bereits seit 12.000 Jahren von - es kommt ein Zungenbrecher - shoshonisch sprechenden Stammesgruppen bevölkert war. 1810, nach Colters Rückkehr in die zu unrecht so genannte zivilisierte Welt, interessierte sich niemand für seine Berichte und Erzählungen von dieser einzigartigen Gegend. Erst ein halbes Jahrhundert später erkundeten zwei Expeditionen das Gebiet und schon wenige Monate nach dem Ender der zweiten Expedition, wurde im März 1872 der Yellowstone Nationalpark gegründet. Die zivilisierte Welt hatte 1880 dann auch endlich - nach 12.000 Jahren uneingeschränktem Bleiberecht - den letzten Indianer aus dem Parkgebiet verjagt oder umgebracht.

Der Yellowstone-Park liegt im Kessel des Yellowstone-Vulkans, genau über der Magmakammer. Für mich unvorstellbar: Vulkankessel ist so groß wie Korsika! Damit zählt der Yellowstone-Vulkan zur Gruppe der Supervulkane und ist der größte seiner Art auf dem amerikanischen Kontinent. Die Magmaküche kennt keinen Feierabend. Überall brodelt, blubbert und dampft es. Die Köche in der Magmakammer erhitzen das von Bergen herabfließende und im porösen Lavagestein versickernde Wasser und befördern es anschließend brodelnd, zischend und blubbernd wieder an die Oberfläche. Der größte natürliche Durchlauferhitzer, den ich kenne. An allen Ecken und Enden gibt es Geysire, Schlammtöpfe und heiße Quellen. Bekanntester Vertreter ist der "Old Faithful", der pünktlich wie - beinahe hätte ich gesagt "die Bahn" - der pünktlich wie - beinahe hätte ich gesagt "die Post" oder "die Maurer" - nun, der jedenfalls in selten erlebter Pünktlichkeit (derzeit 60 - 90 Minuten) seine Wasserfontänen gen Himmel schießt.

Wir haben zwei Tage im Park verbracht, sind viel gefahren, noch mehr gelaufen und haben etwa 7.839 Fotos pro Minute geschossen. Bevor ich mich jetzt aber in spätpuberträrer Begeisterung vor aller Welt blamiere, lasse ich lieber die Bilder für sich sprechen und überlasse die ausführliche Beschreibung dieser unerschöpflichen Quelle an Naturschätzen jenen, die das auch wirklich können. Ich war und bin einfach nur sprachlos:








Die folgenden Bilder, aufgenommen auf dem weiteren Weg durch Wyoming, hätten auch aus dem Yellowstone Park sein können. Welch eine Landschaft.






4 Kommentare:

  1. Servus Be-
    war sche mim Be - auch wenn man ihn anfangs ohne Bart kaum wieder erkannt hat.
    Auf hoffentlich bald in der Waldschenke.
    Bäda

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  2. Hi Herm,
    liebe Kommentator- und Mitschmunzler/innen des Blogs!

    I don’t shoot from the saddle anymore - ich wechsle nun vom harten, eindrücklichen (jaja) Sattel des Miterlebens in den weichen Polstersessel (oder - viel schlimmer - Bürostuhl) des Zuschauers - und gönn ma a Hoibe zum Abfedern (wie wir mit Sigi Zimmerschied sagen würden). Welcher Fraktion der Schlauberger oder Gscheidmayer ;-) ich mich dort anschließe, werden wir sehen.

    Herm, ich habe es genossen, ein Stück des „Transam-Traumes“ mitzuradeln und dabei unter anderem diese „wahnsinnigen“ Berge und Naturschätze zu erleben. Ich bin glücklich, dass wir beide es geschafft haben, diese gemeinsame Kombination unserer Pläne umzusetzen - auch wenn dem 9000-Kilometer-„Hirschgeweih“ ein kleiner (Mietwagen-Kilometer-)Zacken fehlt. Und ich konnte spüren, wie sich die erste Verwandlungsstufe vom Urlaub zum Unterwegssein und zum „Driften“ anfühlt. Wir waren ein gutes Team.

    Ich habe es genauso genossen, Eure Kommentare zu lesen - besonderen Gruß und Dank an Volleyballjoe, bloddy Mary (verzeih diese „olle Kammelle“, wie man in Köln sagen würde ;-) - sie ist der Wiedererkennensfreude geschuldet) und natürlich Radlhans und Radlbäda für Aufmunterungen und die nette Parteinahme für den Un-ter-neu-kirch-ner. Dabei hat der Hermann aufgrund der Verwendung meines Spitznamens ja glatt übersehen, was die Steigerung von hart ist: Bärn-hart ;-).

    Hallo Angie, dein Rad ist warmgefahren, scharrt mit den Hufen und hat sozusagen die richtige Betriebstemperatur für die nächsten Pässe. Den höchsten auf der Tour überlasse ich Dir - mit einer kleinen Schweißperle im Knopfloch - ich würde natürlich den Teil der Rockies auch noch gerne sehen. Danke für’s Leihen!

    Dem/der geneigten Leser/in sei noch etwas „hinter den Kulissen“ verraten:
    es ist hammerHART, nach einem Tag mit z.B.:
     100 km Strecke,
     500/600 Höhenmetern oder, durch einen dieser heißen Pässe, noch mehr,
     einem anständigen Abendessen mit
     1-2 mehr als verdienten Bierchen,
    NICHT die Beine hochzulegen (die es wirklich verdient hätten), sondern sich hinzusetzen, Fotos (manchmal hunderte) und Notizen des Tages zu sichten und einen Blogeintrag zu schreiben, der mit Hintergrundrecherchen und einer guten Prise Humor angereichert ist, sich anschließend durch die Widrigkeiten der technischen Unvollkommenheit amerikanischer WLAN-Technik im kanadischen, motanaischen oder sonstigen Hinterland zu schlagen und Euch einen Einblick in die Tagesereignisse und/oder den (Geistes-)Zustand der Radler zu geben.
    Hut ab vor Hermann, dem Harter/n !!!

    Und für Dich, Herm:
    ...keep on rockin‘ (da ist immer Musik drin)
    ...keep on truckin‘ (ob mit Trailer oder Einkaufswagen und dem Equipment der ganzen Media-Hudson-Bay-Company )
    ...keep on bloggin‘ (damit wir alle was zum Schmunzeln (und Lernen) haben)
    ...and always tailwinds !
    Measse und seawus
    Radl-Be

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  3. Hi Hermann

    so mal ganz allein in Wartestellung.
    Zitat von Dr. Murkes gesammeltes Schweigen (H.Böll)
    und der Be bernhar(t) Firehand (volleyballjoe) Respekt für Deinee Leistung nicht es mit dem Herm auszuhalten, das stelle ich mir ja doch easy vor, doch jeden Tag erneut auf den Drahtesel zu klettern und dem Wind (von Vorne) und der himmlischen Waschanlage zu trotzen und doch immer das mir von vor 30 Jahren noch bekannte verschmitzte Lächeln auf den Lippen, Welcome back home in Under - new - chirchy oder wo Du sich auch immer rumtreibst.
    So Hermann erfolgreiche Arbeitswoche und dann wieder in die pedale und Joe's weekly nicht vergessen.

    Liebe Grüße

    JoeB

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  4. Hi Be und Herm,
    ich hab grad die Watzmann-Überschreitung genmacht und auf der Wimbachgrieshütte übernachtet. Woher kommen die sehr netten Wirtsleut? Lisbeth und Bernd Kreh aus Un-ter-neu-kir-chen. Hatten mal eine Eigentumswohnung in Hart/Buchenstr. - neben der Waldschänke ... Euch beide kennen sie nicht, aber den Plasa Örnie. "So gloa is de Wöid" ... Servus, Be!

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