1. Oktober (Tag 98)

Mobile, AL – Orange Beach, AL

Tages-Km: 85
Gesamt-Km: 5.676
Höhenmeter: 364
Zeit im Sattel: 04:35
Wetter: Sonnig
Temperatur: 17 – 25° C


Golf ohne Turbo
Teil 1 des Schaulaufens hat begonnen. Ich habe seit Cape Girardeau, Missouri die Schlagzahl derart erhöht und hoch gehalten, dass ich jetzt nach Herzenslust trödeln darf – wenn ich mag. Und heute mag ich. Erst gegen Mittag mache ich mich auf den Weg und trödle entlang der Mobile Bay langsam durch das Starnberg von Alabama: Daphne, Fairhope, Point Clear. Hier wohnen keine Handwerker, Gemüsehändler oder Krankenpfleger, soviel steht fest. Wie in Starnberg fährt man auch auch hier keine 80 Meter vom Wasser entfernt, bekommt es aber NIE zu Gesicht. Erst in Point Clear – nomen est wieder mal omen – führt eine kleine Stichstraße hinunter zum Wasser. ENDLICH BIN ICH WIRKLICH AM GOLF! Kilometerstand: 5.610




Aber Starnberg interessiert mich weder zuhause noch hier besonders. Ich will noch 50 Kilometer weiter in Richtung Süden, nach „Gulf Shore“ und „Orange Beach“. Je länger ich radle, desto unheimlicher erscheint mir das Ganze: Rückenwind, keine Trucks, keine Hunde. Die bellenden Ratten mit pinkfarbenen Schleifen im Haar neben telefonierenden Blondinen mit pinkfarbenen Schleifen im Haar zählen nicht als Hund, nicht mal als Kläffer. Zu alledem auch noch ein Seitenstreifen und mehrmals sogar ein waschechter und geteerter Radweg! Ich bin immer noch in Alabama; da stimmt was nicht. AUFWAAAACHEN!

Kurz vor Gulf Shore erreiche ich den "Southern Tier". Das ist jener Rad-Fernweg vom Pazifik zum Atlantik, den ich 2007 geradelt bin. Und ich WUSSTE noch genau, wie schön es hier ist. YEAH! Der schmale Küstenstreifen zwischen „Gulf Shore“ und „Orange Beach“ ist überwältigend. Der Sand ist so weiß wie Schnee und so fein, als hätte man ihn jahrelang gesiebt und dann behutsam hier verteilt.







Hier bleibe ich heute. Dieser Schritt war zwar wieder einmal nur ein kleiner für die Menschheit, aber ein sehr großer für mich. Seit Radl-Be und ich Anfang Juli dem Pazifik den Rücken zugekehrt hatten, habe ich diesen Moment herbei gesehnt. Die Aussicht auf dieses Stückchen Paradies hat mich auch im holzlasterverseuchten alabamischen Schmalstraßen-Hügelland immer wieder angetrieben.

2007 habe ich mir vorgenommen: Wenn ich jemals wieder hierher komme, übernachte ich in einem Hotel an DIESEM STRAND und nicht mehr Zelt an der Autobahn. Keine 30 Meter neben dem Fußabdruck sitze ich jetzt, am Bier nippend und diese Zeilen tippend. Reim dich oder ich schlag dich.

Till Senn

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