25. August (Tag 61)

Scott City, KS - Alexander, KS

Tages-Km: 124
Gesamt-Km: 3.069
Höhenmeter: 182
Zeit im Sattel: 6:14
Wetter: Sonnig
Temperatur: 14 - 25°C


Speed
Bei Sonnenaufgang brechen wir auf. Leichter Rückenwind, YEAH! Was soll uns heute bremsen? Nichts - also: auf die Plätze, fertig, los.


Erster Kühlkreislauf: Wie üblich haben wir eine Menge Flüssigkeit an Bord, 16,3 Liter, um genau zu sein.


Und was ist das? Eine Sprühflasche, schon klar. Aber womit gefüllt? Mit Wasser. Und wozu?


Zweiter Kühlkreislauf.


Helm und Brille muß man sich natürlich wegdenken und sich vorstellen, dass sich der Radler Haupt, Nacken, Arme und Beine ordentlich einsprüht. Den Rest besorgt die Verdunstungskälte. Einfach, billig, effektiv. Vor zwei Tagen haben wir einen Radler getroffen, der uns diesen Tipp gab. 27 Jahre muß ich mit dem Rad durch die Gegend fahren, bevor mir jemand die Augen öffnet! Peinlich. Radl-Be, die Sprühflasche hätten wir am Coquihalla Pass in Kanada gut gebrauchen können...

In jedem Feld entlang der Strecke stehen diese Ölpumpen herum und pumpen vor sich hin. Die Nase und Augen kommen sich da schon mal ordentlich ins Gehege, wenn es nach Feld aussieht und nach Raffinerie riecht. Meine Neugier hat mich (samt Rad) ins Feld getrieben...


...und ein platter Anhängerreifen ist die Folge:


Der Platten ist zwar schlecht zu erkennen, was aber nichts an der Tatsache ändert, dass es einer war. FÜNF Dornen zupfte ich (knapp 4 Kilometer nach dem Pumpenfoto) aus dem Mantel. Den Schlauch brauche ich gar nicht erst zu flicken, so durchlöchert ist er. Ich mußte den letzten (Anhänger-) Ersatzschlauch verbauen und ein Radladen ist weit und breit nicht in Sicht. Ich arbeite noch an einem Plan B. Mist. Das Malheur ist kurz vor Ness City passiert. Klar das das jetzt "Loch Ness City" heißt. Lichtblick: das Restaurant "Good Eats". Nomen est omen.



Exkurs: "Rauchende Colts"
Am 4. Juni 1967 in der ARD die Serie "Rauchende Colts" in der US-Marshal Matt Dillon, unterstützt von Festus (und "Miss Kitty") in Dodge City für Recht und Ordnung sorgt. Dodge City liegt ziemlich genau 87 Kilometer südlich von Loch Ness City und war während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der Tat ziemlich bleihaltig. Legenden wie Wyatt Earp, Doc Holliday, "Texas Jack" Vermillion oder Bat Masterson lebten hier, allesamt schillernde Persönlichkeiten irgendwo zwischen Revolverheld, Glücksspieler und Gesetzeshüter, allesamt Zeitgenossen und allesamt prägend für Dodge City.

   
Von links nach rechts: Wyatt Earp, Doc Holliday, "Teas Jack" Vermillion, Bat Masterson:

In einem Interwiew sagte Wyatt Earp über Doc Holliday: "I found him a loyal friend and good company. He was a dentist whom necessity had made a gambler; a gentleman whom disease had made a vagabond; a philosopher whom life had made a caustic wit; a long, lean blonde fellow nearly dead with consumption and at the same time the most skillful gambler and nerviest, speediest, deadliest man with a six-gun I ever knew."

Die Biografie eines jeden der genannten Herren ist bewegt und höchst interessant - jedenfalls für einen, der mit dem Fahrrad dort radelt, wo Wyatt Earp (neben Tombstone in Arizona) vor rund 150 Jahren eine lebende Legende war. Eine kleine Episode ist der unblutige "Dodge City Krieg", in dem Wyatt Earp samt den übrigen Herrschaften eine tragende Rolle gespielt hat. Luke Short, ebenfalls einer der berüchtigten Revolverhelden und berühmten Spieler dieser Zeit betrieb in Dodge City den "Long Branch Saloon". Sein Mitbewerber war Bürgermeister Webster, dem der "Alamo Saloon" gehörte. Probleme waren also vorprogrammiert und eines Tages ließ Bürgermeister Webster den Revolverhelden Short mit Waffengewalt aus der Stadt jagen. Was sich dieser nicht gefallen ließ und den Gouverneur von Kansas einschaltete. UND Wyatt Earp. Wyatt und seine "Peace Commissioners" kamen und Webster ging. Es wurde nicht ein Schuss gefeuert.

Aber nun wieder zurück zur Gegenwart...

Gegen 17:00 Uhr erreichten wir den Rastplatz vor Alexander, KS, auf dem Radler ihr Zelt aufschlagen dürfen. Der Rastplatz ist - für einen Rastplatz - hübsch und sauber. Picknicktische mit Überdachung, Grillplätze, gepflegter Rasen. Beinahe ein Idyll. Etwa zehn Minuten, nachdem wir es uns bequem gemacht hatten, fuhren zwei Trucks ein, parkten etwa 15 Meter von uns entfernt und dieseln und dröhnen nun seit knapp 30 Minuten vor sich hin. Mein Freund und Blogleser Schorsch Bauer wird mir jetzt wieder etwas von Karma und Energien und dergleichen erzählen. Schorsch, kümmere Du Dich erst einmal um die Rasenmäher in Deiner Nachbarschaft! Jetzt fahren sie übrigens los und ich kann endlich in Ruhe kochen.



Till Senn

1 Kommentar:

  1. "Es wurde nicht ein Schuss gefeuert": Der deutsche Wehrbeauftragte Königshofer von der FDP hat diese Friedensbotschaft so formuliert: "Ein Taliban, der in das Rohr eines Leopard-II-Panzers schaut, überlegt es sich zweimal, was er tut". In den 60ern nannte man das "ein Angebot, das er nicht ablehnen konnte".

    Peace, man! Hans

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