23. August (Tag 59)

Tribune, KS - Scott City, KS

Tages-Km: 78,5
Gesamt-Km: 2.945
Höhenmeter: 235
Zeit im Sattel: 3:59
Wetter: Sonnig, leicht bewölkt
Temperatur: 16 - 35° C


Hunde, wollt ihr ewig leben?
Um es wohlwollend zu formulieren: Ich mag keine Hunde! Mein Ferienjob als Landbriefträger hat diese Haltung erhärtet und meine Rad-Fernreisen haben sie zementiert. Vergangene Nacht wurde Zement zu Granit.

Nach der anstrengenden Etappe von gestern waren wir ...hundemüde. Das Zelt auf dem Grünstreifen zwischen Schwimmbad und einer Häuserzeile war ruck-zuck aufgestellt: Duschen, Essen, Schlafen - das war der Plan. Wären da nicht diese beiden Kläffer gewesen. Ich teile Hunde in drei Kategorien ein: Kläffer (bis Kniehöhe), Hunde (bis Hüfthöhe) und Kälber (über Hüfthöhe). Ich mag keine davon, aber die Kläffer hasse ich am meisten. Kälber besitzen wenigstens eine gewisse Ottfried-Fischer-Würde und ihr Bellen ist tief und voller Überzeugungskraft. Hunde ignoriere ich an dieser Stelle und komme damit zu den Kläffern. Die Zaunkönige ihrer Gattung sind hysterische Feiglinge und erinnern mehr an bellende Ratten als an Nachfahren von Wölfen.

Um Punkt 22:30 Uhr, also zu einem Zeitpunkt, zu dem der erschöpfte Radler gerade die erste Tiefschlafphase erreicht hat, haben die 15 Meter weiter wohnenden Kläffer beschlossen, dass wir, die wir 15 Meter AUSSERHALB ihres Territoriums schlafen, ihr Territorium bedrohen. Oder sie haben spontan ihr Territorium erweitert; wer weiß schon, was bellende Ratten denken. Das notorische und nicht enden wollende Gekläffe, Gequietsche und Gejaule hat uns aus dem schwer verdienten Schlaf gerissen und wurde für mich im Laufe der nächsten 30 Minuten zur Wurzelbehandlung eines vereiterten Nervs, aber ohne Lokalanästhesie. An Schlaf war nicht zu denken - mir war eher nach Hundemord - und die Kläffer wollten sich einfach nicht mehr beruhigen. So blieb uns schließlich keine andere Wahl, als in rabenschwarzer Nacht das Zelt auszuräumen, es hundert Meter weiter zu schleppen und wieder aufzubauen (erst dort war das Gekläffe leiser als der Autorlärm des jetzt sehr nahen Highways), wieder zurück zu laufen, um den Zeltinhalt zu holen und dann versuchen, möglichst schnell wieder einzuschlafen. Der Wecker war für 06:15 Uhr gestellt.

Ich betrachte viele Dinge des Lebens aus denksportlichen Gründen gerne aus dem Blickwinkel der Emission. Speziell der Faktor "Lärm-Emission" ist ein interessantes Spekulationsgebiet. Und da ist die Energiebilanz bei Hunden für meinen Geschmack verheerend. "Er will nur spielen!" oder "Er tut nichts!" oder "Er will nur sein Herrchen beschützen!" sind beliebte Argumente von Hundebesitzern. Dreht man den Satz "Er will nur spielen" durch die Mühle der Logik, so kommt am Ende heraus, dass die Absicht des Handelnden offenbar die Wirkung seiner Handlungen zu ändern vermag. Diesen Denkfehler machen übrigens nicht nur Hundebesitzer. Auch im menschlichen Zusammenleben sagt man gerne: "Das war keine Absicht!" Ein Beispiel: Wenn ich einem guten Freund beim Zersägen eines Baumes helfe und mir der Freund aus Versehen mit der Kettensäge den rechten Arm abschneidet, dann darf mit Fug und Recht angenommen werden, dass ich mich darüber nicht darüber freue sondern meinem Unmut lautstark Ausdruck verleihe. Etwa so: "HEY, Du hast mir den Arm abgeschnitten!" Darauf der Freund: "Das war aber keine Absicht!" Darauf ich "Na wenn das so ist. Also gut, Schwamm drüber. Geben wir uns wieder die... nein, gibst DU mir bitte diese Hand da unten."

Zurück zum Hund, der nur spielen will bzw. tut, was ein Hund nun mal so tut: bellen, mit seinen Pfoten an mir herumkratzen oder mit hartnäckiger Beständigkeit seine Schnauze meiner Intimzone vergraben und/oder meine Kleidung oder Körperteile beschnüffelt, beleckt oder besabbert. Ich WEISS, der Hund meint das nicht böse. I-woooo! Ein Hund ist eben auch nur ein Mensch, oder? Liebe Hundebesitzer, das ist nicht der Punkt! Was der Hund im Sinn hat, ist mir schnurz-egal! Was mich nervt, ist der Lärm, die Schnauze im Gemächt oder der Sabber an der Hand! Schade, dass ich gestern nicht "Cyclops" aus" X-Men" war. Ein kurzer Blick hätte genügt und schon wären zwei kleine Aschenhäufchen langsam vom Nachtwind durch die Lüfte in "Die Zone" getragen worden... Und jetzt zu den Meldungen des Tages:

Wir haben heute die dritte von vier Zeit-Zonen dieser Tour erreicht. Nach der "Pacific Standard Time", der "Mountain Standard Time" sind wir in der "Central Standard Time" angekommen und hinken jetzt nur noch 7 Stunden hinter Deutschland her. In Alabama fällt dann mit der "Eastern Standard Time" noch einmal eine Stunde weg.


Kurios: Denkfehler oder Frauentoilette?


Angie hat sie entdeckt und auf meine Bitte hin dokumentiert.

Von der Tour selbst gibt es nicht viel zu berichten. Aus dem leichten Gegenwind von gestern ist heute ein leichter Rückenwind geworden und wir sind mit einem 20er Schnitt (im Vergleich zu gestern) geradezu nach Scott City geflogen.

Während ich hier die letzten Worte tippe, tobt draußen immer noch der Sturm. Wie vorhergesagt ging es heute gegen 20:30 Uhr los und soll - mit Unterbrechungen - bis morgen Nachmittag dauern. Woraus man messerscharf folgern darf, dass wir heute nicht zelten und morgen einen Zwangs-Pausentag einlegen - WENN der Wetterbericht Recht behält.

Till Senn

5 Kommentare:

  1. Auf meiner Tour durch Nepal haben in einem Pilgerort Hunde die ganze Nacht durchgebellt, einer davon wie ein Maschinengewehr, ohne auch nur ein einziges Mal zu atmen. Nach diesem Irrsinn befragt, antwortete mein örtlicher Guide: "Das ist das Wesen der Hunde".

    Ansonsten empfehle ich zum Thema kläffende Hunde (und ihre Halter) Kurt Tucholskys "Traktat über Lerm und Geräusch" und seinen Bericht über das sich anschließende Gekläffe der hundehaltenden Kleinbürger als Reaktion auf das Traktat. Kleines Zitat aus dem Gedächtnis: "Der Hund bellt, weil er einen Grund hat; hat er keinen, erbellt er sich einen".

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  2. Die Toilette wurde sicher auf Anregung der örtlichen Mutter-Kind-Gruppe installiert ...

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  3. zum Thema Doppel Kloo

    ich wußte ja dass einige amerikanischen Zeitgenossen im Flieger 2 Plätze buchen müssen, aber diese Anordnung übersteigt mein Architektenwissen.

    Liebe Grüße
    Ich denk noch einmal drüber nach, wass der nähere Grund sein kann...
    oder Paris Hilton wolt unbedingt Ihre Hunderatten oder Rattenhund neben sich Pipi mach lassen.

    LG
    JoeB

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  4. ...und jede hat einen eigenen Abfalleimer. Voll der Luxus.
    Angie und Hermann - ja, genaaauu - die verwaisten Bewohner im Haus, uns gibt's auch noch!

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  5. In China werden Hunde verspeist, die Chinesen sind meines Wissens Gründer einer der ältesten Kulturen der Welt. Deshalb schliese ich, die Chinesen haben sich etwas gedacht dabei.

    Viele Grüße
    Peter

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