12. August (Tag 48)

Kremmling, CO - Silverthorne, CO

Tages-Km: 71
Gesamt-Km: 2.316
Höhenmeter: 842
Zeit im Sattel: 5:12
Wetter: Sonnig, bewölkt, Regen
Temperatur: 12 - 24°C


Abhaken
Die heutige Etappe ist zum Abhaken. Schade, aber nicht zu ändern. Schuld daran sind weder die Landschaft noch das Wetter sondern der Highway 9. Die ersten 25 Kilometer ohne Seitenstreifen haben den Tag unrettbar versaut. Wir mussten mehrmals ziemlich überhastet von der Straße in den Graben, die Wiese, den Kies, den Staub, sobald bei Gegenverkehr ein Truck von hinten herandonnerte. Manche Trucks bremsen, viele verlassen sich jedoch auf ihr Augenmaß und das stresst ohne Ende. Wenn sich nur EINER ein KLEIN WENIG verrechnet, können sie uns mit der Spachtel vom Kühlergrill oder dem Teer kratzen. Ganz abgesehen vom plötzlichen Sog, der den Radler zur Straßenmitte saugt, sobald der Truck an einem vorbei ist und damit einem nachfolgenden Truck, PickUp, RV oder Auto auf dem Silbertablett serviert. Ich vermute, dass die Landschaft schön war, aber so genau kann ich das nicht sagen, da ich mit dem linken Auge ständig in den Rückspiegel geguckt und mit dem rechten auf den Gegenverkehr geachtet habe. Scheußlich! Und Kopfweh hab ich davon auch noch bekommen. Außerdem schiele ich jetzt. Nun, solche Streckenabschnitte gehören auf einer monatelangen Tour (leider) auch dazu.

Dabei hat der Tag so wunderschön begonnen. Augen auf, laaaaange gestreckt - und das gesehen:


90 Minuten später: Vor dem Supermarkt in Kremmling standen drei "Easy Rider" in Formation. Blitzend, funkelnd, makellos. Klar, dass ich meinen Heavy Rider daneben parken muß.


An jeder Maschine prangte ein Hannover-Kennzeichen. Es war nicht schwer, die drei unauffällig gekleideten Herren im fast leeren Supermarkt auszumachen. Fünf Wochen touren sie durch die USA, ihre Maschinen haben sie im Flugzeug mitgenommen. Puh! Was das wohl kosten mag? Für mein Fahrrad habe ich vor ein paar Jahren schon 300 Euro bezahlt. Vom Alter her könnten die Drei die Premiere von "Easy Rider" als junge Burschen gesehen und sich daraufhin geschworen haben... Was lange währt, wird endlich wahr. Wer weiß. Ich bin viele Jahre Motorrad gefahren, aber ich würde meinen 0,5-PS 3-Achser - von gaaaaaanz wenigen Ausnahmen einmal abgesehen - um nichts in der Welt bei meinen langen Touren gegen ein Motorrad tauschen. Später vielleicht, so in... vielleicht... na ja, später halt, irgendwann... dann... mal. Sagen wir, in ... ach sagen wir lieber nichts. Zurück zur heutigen Etappe.

Das einzige Restaurant, das es auf den 70 Kilometern zwischen Kremmling und Silverthorne gibt, gab es nicht mehr. Pleite, zu, aus, Ende und Hunger. Die Radfahrer haben es nicht lebend bis zum Restaurant geschafft und die Trucks wollten (wie immer) nicht bremsen. Aus die Maus und Konkurs. Also greifen wir die Notreserven an: Müsli-Riegel. Seit einer Hungertour samt Hungerast im vergangenen Jahr mit beinahe schlimmen Folgen habe ich immer mindestens 10 Riegel dabei.

Zur zweiten Halbzeit der heutigen Etappe haben die Straßenbauer dem Highway 9 wieder einen Seitenstreifen spendiert; zuerst 30, dann 40, dann 50 Zentimeter. Auf den letzten 10 Kilometern sogar einen richtigen 2-Meter-Seitenstreifen. Es ist für den Nicht-Radler kaum nachvollziehbar, welchen Unterschied ein Seitenstreifen ausmacht. 30 Zentimeter lösen die Verspannung im Nacken, ab 50 Zentimeter erweitert sich der Tunnelblick schon wieder ein wenig und ab 1 Meter erscheint die Welt wieder. Links und rechts öffnen sich plötzlich Räume. "Ey, da sind ja Berge? Waren die vorher auch schon da?" oder "Hey, der See neben uns..." Als hätte jemand mitten in der Nacht das Licht eingeschaltet.

Heute allerdings hat Petrus das Licht gleich kurz nach dem Einschalten gleich wieder ordentlich abgedimmt und uns dunkelschwarze Wolken an die Fersen geheftet, die minimal schneller in dieselbe Richtung unterwegs waren als wir. Welch ein gemeines Katz-und-Maus-Spiel, bei dem die Maus einzig und allein darüber entscheiden kann, ob sie etwas früher und mit Puls 90 oder etwas später und mit Puls 190 geduscht wird. Egal - wir haben das Ziel erreicht und werden morgen einen Pausentag einlegen. In Silverthorne gibt's ein großes Outlet-Center... mehr sog i ned.

Weil es heute kaum Fotos und wenig zu berichten gibt, liefere zumindest einen meiner absoluten Lieblingsdialoge aus einem meiner absoluten Lieblingsfilme. Als ehemaliger Student der katholischen Theologie und Cineast muss es natürlich ein Dialog aus "Das Leben des Brian" sein. Es ist die gnadenlos geniale Deklinierszene. Wer sie sich ANSEHEN will, klicke hier.

Römer: "Was haben wir denn da? Romanes eunt domus? Menschen, genannt Romanes gehen das Haus?"
Brian: "Es soll heißen: "Römer geht nach Haus'..."
Römer: "Heißt es aber nicht. Was ist lateinisch für Römer? Na komm schon, komm schon." (zieht Brian am Ohr)
Brian: "Aua... Romanus."
Römer: "Deklinieren!"
Brian: "Anus..."
Römer: "Vokativ Plural von Anus ist?"
Brian: "Ani."
Römer: "RO-MA-NI! Eunt. Was heißt eunt?"
Brian: "Geh."
Römer: "Konjugiere das Verb 'gehen'."
Brian: "Eo, is, it. Imus, ites, eunt."
Römer: "Also ist eunt?"
Brian: "Dritte Person, Plural, Präsens, Indikativ. Sie gehen."
Römer: "Aber 'Römer geht nach Hause' ist ein Befehl. Also mußt du was gebrauchen?"
Brian: "Den Imperativ."
Römer: "Der lautet?"
Brian: "I, i."
Römer: "Wie viele Römer?"
Brian: "Ah-aah... Plural. Ite. Ite."
Römer: "I-t-e domus. Nominativ. 'Geht nach Hause', das ist eine Bewegung auf etwas zu, nicht wahr Junge?"
Brian: "Ja. Dativ, Herr. (Römer zieht Schwert) Ahhh. Ah... ah... Oh oh nein nein nein nein! A-Akkusativ. Akkusativ! 'Domus', Herr, 'a domus'."
Römer: "Und von 'a domus' den...?"
Brian: "Den Lokativ, den Lokativ."
Römer: "Welcher lautet?"
Brian: "Domum. Ahh! Ahh!"
Römer: "Dom-um. Hast du verstanden?"
Brian: "Ja Herr!"
Römer: "Du schreibst das jetzt hundert mal."
Brian: "Ja Herr. Vielen Dank Herr. Heil Cäsar."


Till Senn

P.S. Radlhans! Das wollte ich auch schon längst loswerden. VIELEN DANK FÜR DEN TIPP "CANON POWERSHOT G11". Die haben sie wirklich für mich gebaut. Ich werde mich im November revanchieren.


3 Kommentare:

  1. Hallo Hermann, müsste das Gegenteil von "Easy Rider" nicht eigentlich "Hard Rider" lauten, und nicht "Heavy Rider", wobei ich mir durchaus vorstellen kann, dass die Räder mit dem mitgeführten Equipment ganz schön HEAVY sind und ganz schön HARD zu radeln sind...;-)
    Es ist echt toll, deine erfrischenden Reiseberichte zu lesen, mach weiter so...:-)

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  2. Salve Hermanus, Du hast sie aber auch im Griff: Deine Bilder erfreuen das Fotografenherz. Vade mecum!

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  3. Hi Hermann,

    war da nicht auch

    Du günstling de rGötter, er hat IHN angespukzt...

    Das Leben des Brian,

    immer wieder ein labsal für einen der die
    10.te wegen Latein zum 2. gemacht hat und aus dem doch ein guter Mensch geworden ist...
    Liebe Grüße

    Salve pater patriae

    JoeB da Monaco expecting the OKTOUBAFIEST

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